Gemeinsamer Kampf – Frauen gehören in die Revolution

Dieser Artikel wurde in der REVOLUTION-Zeitung 05/2015 veröffentlicht

Im nächsten Jahr soll es in Österreich eine Strafrechtsreform geben. Im Zuge dessen war vorgesehen, einen Paragraphen aufzunehmen, der „Pograpschen und andere sexuelle Übergriffe“ strafrechtlich verfolgbar machen sollte. Die aktuelle Rechtslage sieht wie folgt aus: Nur das direkte Berühren der Geschlechtsorgane (einer Frau von Vorne in den Schritt greifen) ist strafrechtlich verfolgbar. „Flüchtige Berührungen“ sind nicht strafbar, wären auch im neuen Gesetzesentwurf nicht strafbar gewesen, man müsse schon „eine Zeit lang mit der Hand am Po bleiben”. Der Entwurf für den Paragraphen wurde abgelehnt.

Diese Diskussion ist ein Beispiel dafür, dass Frauen immer noch von (Alltags-)Sexismus betroffen sind. Sie sind in der Arbeit, auf der Straße, zu Hause sexualisierten Übergriffen ausgesetzt, ihnen wird das Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper abgesprochen. Nach wie vor können Frauen keine Anzeige erstatten, wenn sie z.B. ungewollt am Hintern berührt werden.

Dass solche Themen in unseren Medien recht präsent sind, und wie unseriös sie abgehandelt werden, zeigt eindeutig, welchen geringen Stellenwert das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft hat.

Trifft das auf alle Frauen gleichermaßen zu? Nein, hierbei ist es wichtig zu betonen, dass die soziale Stellung der Frau, ihre Klassenzugehörigkeit, eine wichtige Rolle in der Beurteilung solcher Vorfälle spielt. Ein Vorfall in Indien zeigt dies in aller Deutlichkeit. Eine Frau aus der Kaste der Dalit (niedrigste Kaste, “Unberührbare”) wurde von einem Mann einer höheren Kaste vergewaltigt, als sie die Vergewaltigung bei der Polizei zur Anzeige bringen wollte, wurde sie abgewiesen, und als Angehörige der Dorfgemeinschaft gegen das Vorgehen der Polizei protestieren wollten, wurden sie festgenommen.

Innerhalb des Kapitalismus kann es nie zu einer vollkommenen Gleichberechtigung von Frauen kommen: Dieses System profitiert davon, dass über die Hälfte der Weltbevölkerung weniger Rechte hat, ihre Arbeitskraft für noch weniger Geld verkaufen muss, oft sogar dazu gezwungen ist, zu Hause zu bleiben, dort unbezahlte Arbeit im Haushalt und bei der Kindererziehung zu leisten oder aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen ist. Die Struktur der „bürgerlichen Kleinfamilie“ mit einem Familienoberhaupt der Ressourcen und Aufgaben aufteilt wird auch nicht zufällig die „kleinste Zelle der (kapitalistischen) Gesellschaft“ genannt. Das Recht auf den eigenen Körper wird Frauen hier verwehrt, z.B. durch illegalisierte Abtreibungen, ihre Körper werden zu Objekten erklärt und sie sollen sich “anständig anziehen”, um sexualisierte Übergriffe zu vermeiden.

Auch wenn die Unterdrückung der Frauen nur durch eine Bekämpfung ihrer politischen und wirtschaftlichen Ursachen ausgemerzt werden kann, müssen wir bereits heute, im Kapitalismus für eine Verbesserung der Situation der Frauen kämpfen.

Ganz davon abgesehen, dass jede*r Revolutionär*in gegen die Spaltung der Arbeiter*innen an Grenzen wie Geschlecht oder Herkunft kämpfen muss, wäre es außerdem nicht klug, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und somit einen wesentlichen Teil der Arbeiter*innenklasse nicht in den gemeinsamen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung einzubeziehen sondern ihre Forderungen und Probleme „vorerst“ zu ignorieren.

Nur gemeinsam können wir den Kapitalismus stürzen und für eine bessere, sozialistische Gesellschaft kämpfen.

Dass Frauen in der sozialistischen Bewegung eine wesentliche Rolle spielen und gespielt haben, lässt sich leicht an historischen Beispielen zeigen: Sozialistinnen aus der Arbeiter*innenbewegung wie Clara Zetkin, die an der Sozialistischen Fraueninternationale führend beteiligt war und den internationalen Frauentag initiierte, spielten eine wichtige Rolle in der Organisierung und Politisierung von Frauen aus der Arbeiter*innenklasse und im Kampf für ihre Rechte.

Mit bürgerlichem Feminismus hat das wenig zu tun: Bürgerliche Feminist*innen ignorieren meist, dass nicht alle Frauen die gleichen Interessen haben. Frauen aus der herrschenden Klasse profitieren sogar von der Unterdrückung der Frauen aus der Arbeiter*innenklasse und der Spaltung der Arbeiter*innenbewegung entlang der Geschlechtergrenzen. Sie führen die Frauenunterdrückung auch nicht auf gesellschaftliche und politische Faktoren zurück, sondern oft nur auf das Verhältnis zwischen Männern, den Unterdrückern, und Frauen, den Unterdrückten. Historisch gesehen haben bürgerliche Feminist*innen oft sogar nur für die Rechte von Frauen aus privilegierten Schichten gekämpft.

Deshalb brauchen wir auch heute eine eigenständige proletarische Frauenbewegung, eine Massenbewegung, in der wir als Revolutionär*innen versuchen müssen, eine politisch führende Rolle einzunehmen, Kämpfe zu verbinden und letzten Endes das kapitalistische System zu stürzen.

Einige unserer Forderungen hierfür sollten sein:

* Für die Vergesellschaftung von Hausarbeit – Volksküchen, öffentliche Wäschereien, etc. – und für jede*n leistbare und rund um die Uhr mögliche Kinderbetreuung!

* Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

* Für das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen – kostenlose Verhütungsmittel, komplette Legalisierung von Abtreibungen, die ebenfalls kostenlos sein sollen!

* Kampf jedem Sexismus – Gründen von antisexistischen Komitees und Aufbau von Frauen-Selbstverteidigungsstrukturen wo nötig!

* Für eine umfassendere und bessere Organisierung von Frauen, in Gewerkschaften, Organisationen, Komitees! Für eine neue Frauenbewegung!

* Wir müssen den Fakten Rechenschaft tragen, dass sexualisierte Übergriffe meist im privaten Umfeld und ohne Zeug*innen geschehen, dass diese nur in einem Bruchteil der Fälle zur Anzeige gebracht werden und ein verschwindend geringer Anteil der Täter eine entsprechende Strafe verbüßt. Für eine „Parteilichkeit“ für Betroffene von sexualisierter Gewalt bei Verfahren und Ermittlungen.