Ernst Kirchweger – Kein Vergeben, kein Vergessen!

Heute vor 50 Jahren erlag der Antifaschist und Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger seinen Verletzungen. Zwei Tage zuvor wurde er von einem Burschenschafter und Mitglied des RFS (Ring Freiheitlicher Studenten) Günther Kümel auf einer antifaschistischen Demonstration todgeprügelt. Der glühende Antifaschist und Widerstandskämpfer überlebte die illegale Arbeit während des zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus um in den Straßen Wiens 1965 durch einen Faschisten sein Leben zu verlieren.

Entnazifizierung?

Die österreichische Justiz „verurteilte“ Günther Kümel zu 10 Monaten Haft nicht etwa für Mord sondern für überschrittene Notwehr. Denn der 24 jährige Boxer und Faschist hätte sich nur gegen den 67 jährigen Pensionisten gewehrt. Sieht man sich die österreichische Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg an ist diese Gräueltat nicht wirklich verwunderlich. Denn die Entstehung Österreichs beginnt mit der geschichtlichen Lüge, Österreich sei das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen. Das könnte nicht weiter entfernt von der Wahrheit sein, denn die Unterstützung für den Nationalsozialismus war in Österreich genauso stark wie in Deutschland auch kam es vor dem Anschluss zu einer Machtergreifung der NSDAP in Österreich, die selbst unter ihrem Verbot am stetigen wachsen war. Auch während des zweiten Weltkriegs war die Beteiligung von Österreicher_innen an den Verbrechen, Massakern und dem Holocaust der Nazis genauso hoch wie in Deutschland, trotzdem enthob man Österreich schon 1943 von jeder Schuld in dem man es als erstes Opfer bezeichnete. Der Opfermythos war und ist noch immer bezeichnend für die österreichische Vergangenheitsbewältigung, so blieben Schuldeingeständnisse was Kriegsverbrechen, Genozide und Vertreibungen anging bis in die 1990er aus, auch weigerte man sich lange Reparationszahlungen für die Opfer des Naziterrors auszuzahlen. Aber diese Dinge spiegeln sich eben nicht nur in Schulgeschichtsbüchern wieder oder darin dass man in so mancher Schule immer einen Nazi Lehrer findet sondern auch in der konkreten Politik gegenüber den Verbrechern und Mördern des faschistischen Systems nach dem Krieg. Denn eine Entnazifizierung fand in Österreich nach Ende des Krieges nicht statt, nur eine vergleichsweise sehr geringe Anzahl an führenden Mitgliedern der NSDAP wurde verurteilt, die breite Masse an Faschist_innen blieb unbestraft und konnte weiter ihren Tätigkeiten nachgehen. Vor allem Polizei und Justiz waren durchbohrt von Faschist_innen und ehemaligen SS-Offizier_innen aber auch in der Universität hatten sie ihre festen Sitze.

Borodajkewycz-Affäre

Eben diese Situation ermöglichte es einem stolzes NSDAP Mitglied und glühenden Antisemiten auf der Universität zu unterrichten und regelmäßig während seiner Vorlesungen antisemitisches und faschistisches Gedankengut an der Universität weiterzuverbreiten. Es ging um Tara Borodajkewycz der den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte innehatte, und zum Mobilisierungspunkt für antifaschistische Student_innnen wurde, die versuchten gegen ihn und seine antisemitischen Sager mobil zu machen. Daher wurde am 31.3.1965 von dem „Antifaschistischen Studentenkommittee“ eine große und stark besuchte Demonstration organisiert. Da rechtes Gedankengut in Österreich fest verankert war und gerade auf den Universität enormen Einfluss hatte, gab es eine Gegendemonstration von Faschist_innen, zentral mitorganisiert von dem Ring Freiheitlicher Student und den Burschenschaften, die mehr als 2000 Rechte auf die Straße holte. Schlägertrupps von eben dieser Demonstration griffen die Antifaschistische Demonstration an, in dieser Situation wurde dann Ernst Kirchweger durch Günther Kümel niedergeschlagen und somit das erste offizielle Todesopfer politischer Gewalt in der 2. Republik. Ganz im Sinne einer bürgerlichen Justiz in der man nicht wusste wer mehr Schmiss auf der Wange hat, die Richter oder die Angeklagten wurde Kümel für den Mord an dem Antifaschisten zu 10 Monaten Haft, nicht wegen Mord sondern überschrittener Notwehr verurteilt. Als Reaktion auf diesen Mord kam es in Wien zu großen antifaschistischen Demonstrationen mit über 25.000 Teilnehmer_innen.

Gedenken heißt kämpfen!

Auch heute sind wir leider weit entfernt von einer Gesellschaft in der es keinen Platz für Faschist_innen gibt. Opfer von rechter Gewalt gibt es noch immer genug und wenn wir auf Länder wie Frankreich, wo die Front National Erfolge verbucht, oder die Ukraine schauen sehen wir, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Wenn wir Ernst Kirchweger gedenken, dann heißt das für uns nicht die passive Trauer, sondern die konsequente Weiterführung von militanten Antifaschismus und Antikapitalismus, der eine Gesellschaft schaffen soll, in der Faschismus keinen Boden mehr hat auf dem er wachsen kann.. Auch heute sind Angriffe auf Flüchtlingsheime, Übergriffe und Medienhetze gegen die Muslimas und Muslime, Übergriffe auf Linke und eine mordende Flüchtlingspolitik Teil unseres Alltags gegen den es aufzustehen und zu kämpfen gilt. Daher ist das Gedenken an die Toten des Faschismus immer auch eine Kampfansage an die herrschenden Zustände! Kein Vergeben kein Vergessen!