Schulnoten – wer braucht die?

Noten sind ein fest verankerter Bestandteil unseres Schulsystems. Die Freistellung, ob in den ersten drei Klassen Volksschule Noten vergeben werden oder eine individuelle Beurteilung erfolgt, war weniger eine pädagogische Entscheidung als eine pragmatische, da inzwischen circa 2.000 von 3.000 Volksschulen eben jenes Verfahren als Schulversuch durchgeführt hatten. Und eben diese Entscheidung will eine zukünftige schwarz-blaue Regierung zurücknehmen. 

Tatsächlich sind Noten auf verschiedensten Ebenen nicht der beste Weg um Leistungen zu verbessern. Darüber hinaus sind sie nicht einmal wirklich brauchbar um Leistungen festzustellen. Noten üben einerseits nicht nur einen massiven Leistungsdruck von oben, sondern auch einen Konkurrenzdruck unter den Schüler*innen selbst aus – wer der oder die Beste ist lässt sich hier ganz einfach in Zahlen messen.

Noten wirken häufig nicht motivierend, sondern im Gegenteil, demotivierend. Eine schlechte Note sagt mir ich bin scheiße, sie gibt mir nicht das Gefühl ich könne mich verbessern. Eine gute Note sagt mir ich kann’s eh schon, sie gibt mir nicht das Gefühl, dass eine Weiterentwicklung meiner Fähigkeiten notwendig wäre – denn die gute Note alleine reicht mir. Und selbst wenn ich mich dennoch verbessern wollte, so sagt mir die Note nichts über meine Stärken und Schwächen. Sie ist nun einmal nur eine Zahl. Mehrere Studien haben bewiesen, dass individuelles Feedback allein dabei weitaus bessere Ergebnisse zeigt als Schulnoten.

Noten sind notwendig, weil sie vergleichbar sind. Das ist ein häufiges Argument, auch eines, dass in der aktuellen Debatte gebracht wird. Das ist aber eherSchwachsinn. Die Note hängt nie allein von der objektiven Leistung ab, denn diese ist so gut wie garnicht von einer Person festzustellen. Welche*n Lehrer*in habe ich? Wie sympathisch bin ich ihm*ihr? Worauf legt er*sie besonders viel, und worauf besonders wenig Wert? All das und vieles mehr führt dazu, dass Noten eben nicht vergleichbar sind. Einige dieser Faktoren kann man mit einfachen Tricks beheben – zum Beispiel indem man die Namen der Schüler*innen beim Korrigieren abdeckt und so nicht weiß von wem welche Arbeit stammt. Auch wenn das nur funktioniert solange man die Schüler*innen nicht an der Handschrift erkennt. Andere Fehlerquellen lassen sich nicht beheben – weil Lehrer*innen auch nur Menschen sind. In mehreren Studien wurde belegt, dass verschiedene Lehrer*innen dieselbe Arbeit stark unterschiedlich benoten. Privelegierte Schüler*innen (solche z.B. mit gebildeten Eltern) werden dabei nochmals mehr bevorzugt. So kann ein und dieselbe Arbeit Noten von „Sehr gut“ bis „Genügend“ erhalten. Und diese Unterschiede gibt es nicht nur in Sprachen, sondern auch in Mathematik. Dieses Argument wurde damit wissenschaftlich mehrfach widerlegt.

Noten sind notwendig, weil in der „realen Welt“, im „Erwachsenenleben“ wird man auch ständig bewertet und steht in stetiger Konkurrenz. Dieses Argument zeigt bereits sehr deutlich worum es eigentlich geht. In unserem Schulsystem steht nicht durch reinen Zufall die Leistung im Mittelpunkt, statt der Kinder und Jugendlichen. Es soll uns vorbereiten auf die Zukunft, die uns bevorsteht. Eine Zukunft im Kapitalismus. Es soll uns vorbereiten auf die Rolle die uns dort zugewiesen wird. Es können nicht alle Nobelpreisträger*innen sein – manche müssen auch die Klos putzen. Und wie geht das leichter als bereits den Kindern beizubringen: Wenn du nur schlechte Noten hast, musst du Klos putzen. Du kannst dich nicht verbessern, denn niemand verrät dir wie. Du musst nur auf dich selbst schauen, Solidarität wird überbewertet. Sei der oder die Klassenbeste, dann hast du bessere Chancen. Noten sollen uns kleinhalten. Sie sollen uns in unsere Rolle drängen. Sie sind ein Symptom des Mottos „Ausbildung statt Bildung“.

Doch wir wollen nicht kleingehalten werden! Wir sind Menschen, keine Nummern! Wir sind Individuen, wir haben alle eigene Stärken und Schwächen und die kann man nicht in eine simple Zahl quetschen! Wir verdienen ein Bildungssystem in dem wir nicht nur davon abhängig sind wie sehr sich unsere Lehrer*innen gerade bemühen! Wir verdienen mehr als das Bildungsprogramm auf das Schwarz-Blau sich geeinigt haben!

Deswegen gehen wir am Tag der Regierungsangelobung nicht in die Schule, sondern auf die Straße! Wir lassen sie unsere Stimmen hören – jede einzelne – und zeigen ihnen, dass wir nicht nur Nummern sind! Sei auch du dabei! Komm mit zum Schulstreik gegen Schwarz-Blau. Am Tag der Regierungsangelobung treffen wir uns um 8:30 bei Landstraße/Wien Mitte und zeigen ihnen was wir von dieser Art von Bildungspolitik halten!