Sexistische und Sexuelle Unterdrückung im Kapitalismus. Teil 1: Ursprung von Frauenunterdrückung

Wir leben leider noch immer in einer Welt in der Frauenunterdrückung zur tagtäglichen Realität zählt. Die gesellschaftliche Beschäftigung damit beschränkt sich leider nur zu oft auf den internationalen Frauenkampftag (den 8. März) und geht dann zudem meist über symbolische Aktionen oder bedeutungslosen Lippenbekenntnissen nicht hinaus. Doch für Revolutionär*innen muss jeder Tag internationaler Frauenkampftag sein. Mit folgender Artikelreihe soll daher ein Überblick geschaffen werden zu den Ursprüngen von Frauenunterdrückung, den Eigenheiten dieses Unterdrückungsverhältnisses im kapitalistischen System, sowie letztlich der Perspektive diese zu überwinden.

Um diese Verhältnisse jedoch adäquat analysieren zu können, ist es essentiell, anders als bürgerliche Feminist*innen, die ihre Sicht auf Normen, Werte und Gesetze fokussieren, die tagtägliche Arbeit und Lebensrealität von Frauen als Ausgangspunkt der Analyse zu nehmen, da Gesetze, Normen und dergleichen nur Ausdruck der realen materiellen und politischen Machtverhältnisse sind. Auch moderne feministische Strömungen, wie die Queer Theory bieten abseits von ihrer wirkungslosen Dekonstruktion keinerlei Perspektive, die materielle Realität, die diese Verhältnisse immerwährend produziert und reproduziert, zu ändern. Eine konsequent materialistische Analyse setzt daher nicht nur bei der tatsächlichen Lebensrealität von Frauen an, sondern zeigt auch welche konkreten Verhältnisse Revolutionär*innen bekämpfen müssen, um das Ziel einer Gesellschaft frei von Frauenunterdrückung zu erreichen.

Die Geschichte der Frauenunterdrückung ist natürlich eine sehr lange, daher soll hier weniger eine detaillierte Aufarbeitung der ganzen Geschichte stattfinden, als mehr eine Darstellung zweier zentraler Punkte, in denen quasi ein wesentlicher Umbruch in der Entwicklung stattfand.

Der erste wesentliche Punkt beginnt schon in der Urzeit, da es hier, aufgrund der Tatsache, dass Frauen schwanger werden konnten (und anschließend Kinder stillen mussten), zu einer ersten geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung kam. In der Zeit um die Schwangerschaft, die, wegen der niedrigeren Lebenserwartung, einen weitaus größeren Anteil der Lebensspanne ausmachte, gingen Frauen tendenziell Tätigkeiten in der Nähe der eigenen Behausung nach, währenddessen Männer tendenziell eher kraftintensivere Tätigkeiten nachgingen. Bürgerliche Geschichtswissenschaften leiten zumeist hieraus fälschlicherweise männliche Dominanz aus den „natürlichen“ biologischen Unterschieden her, und ignorieren, sowohl dass diese Arbeitsteilung (simplifizierend als männliche Jäger und weibliche Sammlerin) weder für alle Menschen so gültig, noch hart abgegrenzt war, als auch historische Funde, die nahelegen, dass urzeitliche Gesellschaften oftmals auch eher matriarchalisch organisiert waren. Gerade da die Tätigkeiten von Frauen und Männer gleichsam relevant waren um das Überleben der Gruppe zu sichern, ist es kaum möglich von einer strikten Hierarchie zu sprechen. Der qualitative Umbruch fand dann letztlich mit der Entwicklung von Viehzucht und Ackerbau statt (neolithische Revolution), da es erstmals möglich war, Besitz, der über die konkrete Bedürfnisbefriedigung hinausging, anzuhäufen (Lagerung von Getreide bzw. Aufbau von Tierherden). Männer hatten durch ihre vorab günstige Stellung in der Arbeitsteilung einen Vorteil bei der Anhäufung von Eigentum. Um diese neue soziale Struktur erhalten zu können, war es aber auch notwendig die Vererbung klar zu regeln. Daraus folgte, dass Besitz zum einen an Männlichkeit gekoppelt wurde, zum anderen, dass ebenso das Interesse entstand weibliche Sexualität zu kontrollieren um sicherstellen zu können, dass eben jener Besitz nicht gefährdet wird. Damit wurden Frauen nicht nur gesellschaftlich und politisch immens entmachtet, da auch schon in vorkapitalistischen Gesellschaften Macht mit den Eigentums- und Besitzverhältnissen einherging, sondern auch Frauen erstmals in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt. Ferner festigte sich die Kontrolle weiblicher Sexualität in den folgenden Jahrhunderten in Werte, Normen, ideologischen und religiösen Vorstellungen, die allesamt weibliche Sexualität negieren, Frauen auf die Mutterrolle beschränken oder allgemein Frauen als weniger wert als Männer definieren.

Der nächste zentrale historische Moment, wo es zu einem Umbruch in der Entwicklung kam, ist der Übergang vom Mittelalter in die moderne kapitalistische Gesellschaft. Im Mittelalter wurde der Großteil der Verbrauchsgüter in kleinen Produktionseinheiten zu Hause bzw. im unmittelbaren Umfeld der eigenen Behausung produziert (besondere Produkte, die nicht in Eigenproduktion herstellbar waren, wurden mit dem Überschuss der eigenen Produktion erhandelt). Zwar bestand eine hierarchische Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern, aber Frauen hatten ein gewisses ökonomisches Druckmittel, da ihre Arbeit notwendig war für den Fortbestand des Haushaltes. Zudem hatten sie die Möglichkeit, durch den Verkauf des Überschusses der selbst produzierten Güter, eine gewisse Selbstständigkeit zu erlangen. Mit der einsetzenden Industrialisierung wurden laufend Produktionsprozesse professionalisiert mit der Folge, dass der Wohn- und der Arbeitsplatz sich immer stärker voneinander differenzierte. Konsequenz davon war, dass Frauen systematisch aus Arbeits- und Produktionsprozessen verdrängt und isoliert, sowie stärker in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt wurden, wodurch Frauen wiederum in ihrer ökonomischen Stellung stark benachteiligt waren. Der Übergang zur bürgerlichen Gesellschaft, allem voran die in den folgenden Jahrzehnten einsetzenden Frauenbewegungen, führten natürlich auch zu zahlreichen Verbesserungen in der ökonomischen und gesellschaftlichen Stellung der Frau – Gleichzeitig sahen und sehen Frauen sich jedoch mit neuen und spezifischen, der kapitalistischen Produktionsweise innewohnenden Formen der Unterdrückung konfrontiert, auf die im nächsten Teil dieser Reihe eingegangen werden soll.


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