Das rückschrittliche Programm von ÖVP und FPÖ

Die Regierung ist angelobt. Schlimmer hätte es fast nicht kommen können. Von den Besetzungen der Ministerien zu den angekündigten Reformen hätte es kaum schlechter ausfallen können. Der vorliegende Artikel ist natürlich deutlich zu kurz um das vollständige Regierungsprogramm zu besprechen, aber speziell im Bildungsbereich und über Familie und Jugend wollen wir einige Anmerkungen verfassen. In unserer Artikelreihe zum Thema Bildungspolitik, haben wir schon einige Themen aufgegriffen, die von schwarz-blau mit konkreten Verschlechterungen bedroht sind.

Schon beim Durchblättern des Inhaltsverzeichnisses fällt einem negativ auf, was diese neue Regierung sich auf die Fahne geschrieben hat. Immer wenn es um Jugendliche, die Familie und Kinder geht steht ein fettes „UNSERE“ davor. Also eine klare Abgrenzung von den (nicht genau beschriebenen) Anderen. Logisch ist die nächste Schlussfolgerung, dass damit implizit Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge gemeint sind. Nichts für „die“ und alles für „UNS“. Aber was kriegen, denn die braven Österreicher*innen? Viel, wenn man zu den ohnehin schon gut Verdienenden gehört. Wenig, wenn man, wie ein Großteil der Bevölkerung, zu denen gehört, die finanziell nicht ganz so gut dastehen.

In der Bildung heißt das Programm von Schwarz-Blau konkret: Weiterhin ein differenziertes Schulsystem beizubehalten und damit konkurrenzorientiertes Lernen und selektive Aufstiegsmöglichkeiten beizubehalten und auszubauen. Es wird viel mit dem Begriff der Schulautonomie herumgeworfen, aber gleichzeitig ist klar, dass für Geld und Bildung kein neues Geld locker gemacht wird. Vielmehr sollen in allen Ministerien zusammen insgesamt 1 Milliarde Euro eingespart werden. Zeitgleich folgen mehr Lippenbekenntnisse zur demokratischen Beteiligung von Schüler*innen am schulpolitischen Leben, die aber genau gar nichts bringen unter einer Regierung wie dieser.

Genauso lässt die Kopplung von Sozialleistungen an die schulischen Erfolge, wie bereits erwähnt, nichts Gutes verheißen. Genauso wenig wie „Aufnahmegespräche“ in Volksschulen um auszusieben, wer größere Probleme mit Deutsch hat (oder in Zukunft evtl. auch einfach nur „migrantisch“ aussieht) und diese in eine Vorschule zu schicken, wobei das Erlernen der Unterrichtssprache außerhalb der Unterrichtszeit passieren soll. Das zeigt, dass es der Regierung, ähnlich wie bei den „Deutschklassen für Migrant*innen“, nicht um Integration oder bessere Deutschkenntnisse geht, sondern um Isolation und Ausgrenzung.

Genauso wie Bildung Einfluss auf alle weiteren Dinge im Leben hat, haben sehr viele Faktoren im Leben, Einfluss auf die Bildung. Allen voran Arbeit und Soziales. Wenn die Eltern mit einem 12-Stunden-Tag beschäftigt sind (der natürlich nicht verpflichtend ist, für viele Familien aber aufgrund von Kürzungen der Sozialleistungen oder unfairen Chefs zur Notwendigkeit werden kann) wird es schwierig dem Kind zeitlich einen Einstieg ins Schulwesen zu ermöglichen, bei dem viele Kinder enorm auf Unterstützung angewiesen sind. Wäre noch etwas Geld in der Kassa, könnte man sich zumindest Nachhilfe leisten, aber das sieht die FPÖVP Regierung ebenso nicht vor. Es wird schon von einem Hartz IV (die wohl größte Kürzung der Sozialleistungen in Deutschland 2002) ähnlichen System in Österreich gesprochen.

Alles in allem sind zwei Dinge der Regierung sehr wichtig. Präzision und Kontrolle. Ab der Volksschule soll es regelmäßige „Begabungstests“ geben, Schulnoten sollen nach klareren Kriterien vergeben werden, die kaum noch Spielraum lassen und es soll einen Wertekatalog geben an dem sich der Unterricht orientieren soll. Passend dazu, müssen in Zukunft alle Menschen, die sich vom Religionsunterricht abmelden, in den Ethikunterricht gehen. Klingt an sich ganz spannend, wird es aber auf Basis der Werte von ÖVP und FPÖ erstens nicht sein, zweitens ist es illusorisch sich darauf zu verlassen die Religion und Kirche (egal welcher Religion) würden Menschen Moral und Ethik beibringen und diejenigen, die das so nicht mitbekommen bräuchten einen eigenen Ethik-Kurs. Wir leben in einem säkularen Staat, die Kirche sollte eigentlich keine Rolle als moralische Wegweiserin mehr haben.

ÖVP und FPÖ fordern auch starkes Durchgriffsrecht, beim Nicht-Einhalten der Unterrichtskriterien und Bildungsstandards. Das heißt nicht nur, dass kritisches Lernen fast vollkommen aus dem Unterricht verschwindet und durch „unternehmerisches Denken“ ersetzt wird, sondern auch, dass Lehrer*innen die trotzdem zum Denken anregen wollen, dann auch noch dafür bestraft werden sollen.

Egal wie hart diese Regierungsperiode für fast alle wird: Am Härtesten trifft es Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge. Nicht nur, dass sie isoliert und diskriminiert werden, in eigenen Deutschklassen oder ganz abgeschotteten Unterricht in Flüchtlingsunterkünften. Nein.  Sie haben auch keine Chance da wieder hinauszukommen, sich zu beweisen und aufzusteigen. Das wird zu einem Teufelskreis führen und sie weiter an den Rand drängen. Österreich ist EU-weit ohnehin eines der Länder, in dem der soziale Aufstieg, einem am schwersten gemacht wird. FPÖ und ÖVP wollen dies anscheinend noch perfektionieren.

Wir müssen den Kampf also gemeinsam führen, alleine haben wir keine Chance gegen diese Regierung die uns versucht in die „Unseren“ und die „Anderen“ einzuteilen. Schüler*innen, Migrant*innen und Arbeiter*innen müssen gegen jede Verschlechterung, auch die, die nicht direkt sie selbst betreffen auftreten. Gemeinsam sind wir stärker. Trotzdem steht die eigene Organisierung genauso im Mittelpunkt. Nur weil man jugendlich ist und vielleicht noch nicht wählen darf, sollte man sich nicht entmündigen lassen und die Bildungsreformen, die anstehen, einfach so hinnehmen. Also komm am 13.1. zur Großdemo gegen Schwarz-Blau (14:00 Westbahnhof) und organisier dich!