Schwarz-Blau – Was bis jetzt geschah

Im Dezember 2017 wurde die neue Regierung aus ÖVP und FPÖ angelobt, ein knappes dreiviertel Jahr ist sie nun an der Macht. In dieser Zeit hat sie bereits bewiesen wie ernst sie es mit ihren Plänen meint. Die Regierungsbeschlüsse kommen Schlag auf Schlag, und nebenbei hat die Regierung echtes Talent bei Ablenkungsmanövern – große Debatten zu provozieren um weniger Raum für die Kritik an ihren Beschlüssen zu lassen.

Der folgende Artikel soll nicht nur eine Zusammenstellung von Beschlüssen sein, die die Regierung bisher gefällt hat. Er soll auch eine Analyse der Hintergründe bieten und welche Folgen diese Politik für verschiedene Gesellschaftsschichten hat. Am Ende werden wir uns der Frage des Kampfes dagegen und insbesondere der Rolle der Jugend widmen.

Die Erhöhung der täglichen und wöchentlichen gesetzlichen Höchstarbeitszeit ist wohl einer der offensten Angriffe auf die breite Masse der Bevölkerung, die diese Regierung bisher gesetzt hat. Auch wenn die Regierung betont, dass dies nur auf freiwilliger Basis passieren sollte, so ist doch allen die schon einmal gearbeitet haben klar wer stets die Ersten sind die den Job verlieren – nämlich jene die nicht nach der Pfeife der Chefs tanzen. Also ist fraglich wie oft man sich trauen wird das „freundliche Angebot“ abzulehnen heute doch mal länger zu arbeiten um den Auftrag noch abzuschließen. Gleichzeitig sparen sich die Unternehmen damit die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte, sie sparen Steuern und in manchen Fällen sparen sie sogar Überstundenzuschläge. Für uns andere die diese Schichten arbeiten müssen hingegen bedeutet es Belastung der Gesundheit, erhöhtes Unfallrisiko und starke Beeinträchtigung unserer Freizeit und unseres Privatlebens.

Ein weiteres Argument der Regierung war auch, dass 12-Stundentage häufig bereits Realität wären, und man das Gesetz dem nur anpasse. Einige Kollektivverträge haben tatsächlich auch vorher schon 12-Stundentage vorgesehen, in den meisten Fällen gekoppelt mit längeren Ruhezeiten und anderen Vergünstigungen als „Ausgleich“. Darüber hinaus ist es auch korrekt, dass häufig die gesetzlichen Vorgaben gebrochen wurden und werden, dass häufig über die gesetzliche Höchstarbeitszeit hinaus gearbeitet wird, Pausenbestimmungen gebrochen werden, und so weiter. Die Beschäftigten werden dann noch vom Unternehmen unter Druck gesetzt das zu vertuschen und zahlreiche so geleistete Überstunden bleiben unbezahlt. Die Position der Regierung hierzu ist klar: wenn Unternehmen Gesetze brechen, dann müssen wir nicht die Unternehmen bestrafen, sondern die Gesetze ändern. Weitere Pläne in diese Richtung sind bereits in der Umsetzung.

Ein weiteres Projekt wurde ebenfalls bereits heiß diskutiert. Der Familienbonus Plus ist ein Prestigeprojekt dieser Regierung. Steuersenkung, Entlastung für Familien, Senkung der Abgabenquote, damit wirbt die Regierung für diese Maßnahme. De facto bedeutet es nur minimale Förderung für Menschen ohne Job oder ohne einkommenssteuerpflichtiges Einkommen. Je mehr man verdient für umso mehr Kinder kann man Förderung beziehen. Kurz gesagt, jene die am meisten Geld haben – und damit am wenigsten Unterstützung brauchen – erhalten am meisten. Je weniger man verdient, desto weniger profitiert man vom neuen System, weil es fast ausschließlich durch Einkommenssteuerentlastung funktioniert.

Auch vor den Schulen macht die Regierung nicht Halt. Fürs Schuleschwänzen gibt es höhere und verpflichtende Geldstrafen. Dass es sich dabei nicht um eine pädagogische Lösung handelt, interessiert die Regierung wenig. Auch, dass finanzielle Strafen mal wieder die Ärmsten am härtesten treffen, die in der Bildung wie überall sonst in unserer Gesellschaft sowieso benachteiligt sind, ist für diese Parteien kein Problem. Natürlich ist es wichtig häufiges fehlbleiben nicht zu ignorieren, aber man braucht vielmehr durchdachte pädagogische Anreize als finanzielle Strafen. Und, dass die Budgetmittel für Integration an Schulen gekürzt wurden, will so gar nicht zu einer Politik passen die ständig „Integration“ fordert. Die Ausbildungsbeihilfe für überbetriebliche Lehrlinge über 18 wurde um über 50%, auf € 325,- gekürzt. Dass man davon nicht leben kann, und dass es wohl dazu führen wird, dass viele junge Leute Vollzeit arbeiten gehen müssen statt eine Ausbildung zu machen, wird dabei nicht berücksichtigt. Auch diese Maßnahme trifft jene Jugendlichen am härtesten, deren Familien es sich nicht leisten können ihre Kinder jahrelang während der Ausbildung zu erhalten. Gleichzeitig sind alle volljährigen Lehrlinge auch von den neuen Arbeitszeiten betroffen, dürfen also bis zu 12 Stunden am Tag arbeiten – ob das besonders lehrreich ist bleibt fraglich.

Auch höhere Bildung soll noch mehr als ohnehin schon für die Eliten reserviert werden. Einerseits wird das bewiesen durch die weitere Einführung von Zugangsbeschränkungen. Diese reduzieren nicht nur die Gesamtzahl der Studienplätze – sie sind auch leichter zu bewältigen wenn man nicht neben dem Lernen noch arbeiten muss, wenn die Eltern Vorbereitungskurse bezahlen können, selbst Akademiker*innen sind oder vielleicht sogar den/die Professor*in kennen. Andererseits streicht die Regierung, die Ausnahmeregelung bzgl. Studiengebühren für berufstätige Studierende. Bisher war es nämlich so, dass ab einem gewissen Jahreseinkommen (mindestens das 14-fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze) auch bei Überschreitung der Regelstudienzeit und Toleranzsemester keine Studiengebühren zu zahlen waren. Als diese Regelung auslief lehnte die Regierung den Antrag zur Verlängerung ab. Das Signal ist ein eindeutiges: Wenn du neben dem Studium arbeiten musst, um deinen Lebensunterhalt zu verdienen, weil du keine reichen Eltern hast, dann ist das dein Problem. Wenn du deshalb langsamer mit dem Studium voran kommst, dann bist du selber schuld. Und wenn du dann noch mehr arbeiten musst, um dir die Studiengebühren leisten zu können, deshalb noch weniger Zeit zum Lernen hast, dein Studium noch länger dauert, und du noch mehr Studiengebühren zahlen musst, dann interessiert uns das eigentlich nicht. Wenn die Regierung dann wieder allgemeine Studiengebühren einführt wird sie das ihrem Ziel der Bildung nur für Reiche wieder ein gutes Stück näher bringen.

Sicherheit ist relativ. Soviel ist klar wenn man von einer Regierung spricht, die Kabul (Afghanistan) als sichere Stadt bezeichnet und Wien als unsicher. Nach Kabul kann man ruhig Menschen abschieben, es ist dort nicht gefährlich, Afghanistan wird als sicheres Herkunftsland eingestuft. Dass alle paar Wochen Nachrichten von neuen Explosionen, Attentaten, usw. kommen, dass diese so gut wie immer Menschenleben kosten, das interessiert die Regierung nicht. Nur raus aus Österreich, dann sind „sie“ nicht mehr „unser“ Problem. Wien hingegen ist brandgefährlich. Das weiß die Regierung ganz genau. Hier gibt es Menschen die einfach in der U-Bahn ein Leberkäsesemmerl essen – und andere störts – und das führt zu Streit. Manchmal passiert es sogar, dass einen wildfremde Menschen auf der Straße ansprechen um nach dem Weg zu fragen. Natürlich gibt es auch in Wien vereinzelt ernsthaftere Probleme – jedoch in keiner Relation zum Unsicherheitsgeschwafel der Regierung. Doch um „uns“ alle zu beschützen – sofern wir die richtige Hautfarbe, Herkunft, Religion, politische Einstellung, Kleidungsstil, etc. haben – nimmt die Regierung auch gerne Geld in die Hand. 2.100 neue Polizist*innen und sündhaft teure Polizeipferde leistet sich die Regierung. Um all jene zu beschützen die sie schützenswert finden – gegen jene die sie als Gefahr stilisieren. Rechte und rassistische Gewalt durch die Polizei ist kein Einzelfall. Doch auch gegen unliebsame Demonstrant*innen hilft die verstärkte Staatsgewalt – insbesondere die berittene Polizei ist beim Thema Gewaltausübung ein großer Fortschritt, laut Erfahrungen in anderen Städten geht diese oft extrem brutal gegen Demonstrationen vor. Dafür muss Geld da sein – auf jeden Fall in den Augen der Regierung.

Klar, dass das Geld das man für „Sicherheit“ braucht, auch irgendwo herkommen muss. Die Antwort der Regierung ist klar: Wir sparen bei den Ärmsten. 2018 wurde das Budget des AMS um fast 30% gekürzt. Klare Kürzungen betreffen die „Aktion 20.000“ ein Prestigeprojekt der Sozialdemokratie für Arbeitslose. Generell stehen zusätzlich aber  noch härtere Schikane für Arbeitslose und weniger Förderung für Aus- und Weiterbildung an. Wenn dann erst das „Arbeitslosengeld Neu“ eingeführt wird, dann zeigt die Regierung endgültig wo ihre Interessen in dieser Frage liegen. Nämlich weder bei einem lebenswerten Leben für alle, noch bei realen Chancen auf Wiedereinstieg nach Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch die Pläne für die Sozialversicherung zeichnen ein klares Bild der Politik dieser Regierung. Insbesondere die aktuellen Pläne für die AUVA, bei der 1.500 Verwaltungsstellen nicht nachbesetzt werden sollen, kommen Massenentlassungen auf Zeit gleich. Gleichzeitig sollen andere Krankenkassen die AUVA querfinanzieren – auf den ersten Blick scheint das vielleicht uninteressant, wäre es nicht so, dass die anderen Sozialversicherungen aus den Beiträgen der Beschäftigten finanziert werden, während die AUVA-Beiträge größtenteils vom Lohnnebenkostenanteil der Unternehmen getragen werden. De facto bedeutet es also weniger Lohnnebenkosten für die Unternehmen, und im Ausgleich weniger Geld für die anderen Krankenkassen, damit dann natürlich auch schlechtere Gesundheitsleistungen. Und die Regierung ist noch lange nicht fertig mit der sogenannten Reform der Sozialversicherungen. Mit dieser Politik schreiten Privatisierungen im Gesundheitswesen weiter fort und die Zwei-Klassen-Medizin verschärft sich zunehmend.

Wenn so viel Geld eingespart wird, stellt sich natürlich die Frage wozu. Einerseits ist ein Null-Defizit (also die Schulden des Österreichischen Staates auszugleichen) das erklärte Ziel dieser Regierung, andererseits braucht man natürlich auch Geld um seinen Freund*innen und Gönner*innen Geschenke zu machen. So wurde zum Beispiel die Umsatzsteuer bei Hotelbesuchen bereits im März von bisher 13% auf 10% gesenkt. Dass die Hoteliers viel Geld in Sebastian Kurz investiert haben dürfte dabei natürlich nur ein Zufall sein. Doch dieser Zufall hat sich auf jeden Fall gelohnt, denn das Geld, dass sie dadurch einsparen macht die Spenden auf jeden Fall wett.

Bei diesen Entwicklungen schaut unsere Zukunft düster aus. Und die weiteren Pläne dieser Regierung verdüstern sie noch. Doch es ist unsere Zukunft! Wir als Jugendliche haben noch bedeutend mehr Lebenszeit als Hr. Strache oder auch Hr. Kurz. Deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass sie unsere Zukunft zu ihrem Vorteil versauen! Es ist die Zeit um nicht nur zu kritisieren sondern in aktiven Widerstand zu treten – auf der Straße, in der Schule, im Betrieb und auf der Uni. Seit Menschengedenken spielen Jugendliche bei großen Protesten oft eine Vorreiter*innenrolle. Wenn wir aufstehen, können wir andere motivieren dasselbe zu tun – wir zeigen den Menschen, dass sie nicht alleine sind und machen ihnen Mut zu kämpfen. Es ist Zeit für Demonstrationen, für Schulstreiks, Unistreiks, Streiks in Lehrstätte und Betrieb und für Besetzungen.

Es ist aber auch an der Zeit für uns Jugendliche uns selbstständig zu organisieren um diesen Widerstand zu planen. Wir brauchen die Freiheit unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, unabhängig von der Politik anderer – und das bedeutet auch wir müssen unabhängig sein vom Geld anderer. Es ist auch an der Zeit klar zu stellen, dass diese Politik nur ein Ausdruck des Systems ist in dem wir leben. Im Kapitalismus werden die Interessen der Unternehmen immer über die Interessen von Beschäftigten, Jugendlichen, Migrant*innen, Frauen und aller Unterdrückten gestellt. Wir müssen jetzt erkennen, dass der einzige Ausweg aus dieser Politik in letzter Instanz der Sturz des Kapitalismus ist.

Wir als REVOLUTION sind eine unabhängige, antikapitalistische Jugendorganisation. Deine Interessen sind unsere Interessen. Schließ dich dem Kampf an gegen die reaktionäre schwarz-blaue Regierung und gegen das gesamte unterdrückerische kapitalistische System!


Siehe auch