Generalstreik in Frankreich

Der globale Kapitalismus befindet sich in der Krise. An den Börsen herrscht Verzweiflung, in der Politik blüht der Rechtspopulismus, in den Betrieben und auf der Straße tobt der Klassenkampf. Auch in Europa. Griechenland, Deutschland, Italien, Island, sogar in Ansätzen auch in der Schweiz und in Österreich. In Osteuropa überhaupt. Eines der jüngsten Geschehnisse, wie auch eines der bemerkenswertesten, ist der Generalstreik in Frankreich.

Alle Räder stehen still …

Die acht größten Gewerkschaftsverbände kündigten für den 29. Jänner den Generalstreik an. Eine bemerkenswerte Sache, denn es kommt nicht oft vor, dass alle wichtigen Gewerkschaften eines Landes zusammen Aktionen planen. Sie erklärten, dass es bei dem Streik „um die Beschäftigungs- und Lohnpolitik“ ginge und, dass „die Lasten der Krise nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden dürften“. „Man wolle sich Gehör verschaffen“. Die Medien und die Regierung blickten diesem Tag mit Besorgnis entgegen, es wurde allgemein von dem „Tag des Zorns“ und dem „schwarzen Donnerstag“ gesprochen. Aus verschiedenen Umfragen kam hervor, dass 70 bis 75 Prozent der Bevölkerung den Streik befürworten. Auch das ist bemerkenswert, denn gerade ein Generalstreik hat umso mehr Potential je stärker er auch Verständnis und Unterstützung in der Bevölkerung findet. Frankreich, welches wohl eines der klassenkämpferischsten Länder Europas ist und wo es auch eine recht starke Tradition des Antikapitalismus und Klassenkampfes gibt, wird somit auch zu einem glühenden Vorbild für die Gewerkschaften in Österreich. Der Streik selber erstreckte sich über ganz Frankreich. In mehr als 200 Städten kam es zu Demonstrationen. Allein in Paris gingen an die 1 Millionen Menschen auf die Straße. Weitere große Demonstrationen gab es in Marseille, Bordeaux und Toulouse. Problematisch ist, dass die bürgerlichen Medien nur ungenügend von den Streiks berichten und, wenn überhaupt Teilnehmerzahlen genannt werden, die sehr unterschiedlich sind. Was anderes war jedoch ohnehin nicht zu erwarten, steht es doch im Vordergrund der bürgerlichen Berichterstattung klassenkämpferische Geschehnisse auf ein Minimum zu reduzieren, in ihrem Wesen zu verstümmeln und der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, dass es mit dem herrschenden System ja gar nicht so schlimm laufe. Unabhängig davon kann man zumindest bemerken, dass es in so ziemlich allen Branchen Streiks gab. Besonders der öffentliche Sektor machte ernst. Beispielsweise kündigten schon im Vorhinein zwei Drittel aller Lehrer an, in den Streik zu treten. Doch obwohl der Schwerpunkt der Streiks sich auf den öffentlichen Sektor bezog heißt das nicht, dass der private Zweig verschont wurde. Auch hier kam es zu massenhaften Protesten und darüber hinaus auch zu Solidaritätsstreiks mit jenen der öffentlichen Bereiche. Auch die Jugend beteiligte sich an den Demonstrationen. Dass es nicht gelang den gesamten Zugverkehr lahm zu legen, liegt daran, dass Sarkozys Regierung eine Zwangsverpflichtung für einen Teil der Belegschaft im Arbeitsrecht festgelegt hatte. Eigentlich schade, denn durch die Blockade des Transportsektors kann den großen Unternehmen ein beträchtlicher Schaden zugefügt werden. Trotz alledem kann man den Generalstreik als gelungen sehen und als einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Klassenkämpfe. Das veranschaulicht auch eine Aussage von François Chérèque, dem Chef der CFDT: „Es handelt sich um die größten Arbeitnehmerproteste seit 20 Jahren in Frankreich.“

Die Ursachen …

„Es wird gestreikt und keiner merkt etwas“. Diese Aussage von Sarkozy wurde von der ArbeiterInnenbewegung Frankreichs als offene Provokation aufgefasst. Wenn man den Bericht im Standard über den Streik gelesen hat, könnte man glauben die Aktionen waren einfach eine Antwort auf Sarkozys Arroganz. Wie man schon bei den Ausschreitungen in Griechenland bemerken konnte, dass die bürgerlichen Medien nicht genau über Hintergründe und soziale Zusammenhänge informieren, so kann man das in Hinblick auf Frankreich ebenso feststellen. Nach ihrer Darstellung sind solche Konflikte nur irgendwelche psychologisch bedingten Beißreflexe des niederträchtigen Pöbels. Tatsächlich aber verbirgt sich dahinter mehr. Die ArbeiterInnenklasse ist wütend auf die Regierung und die Politik Sarkozys, welche seit seinem Amtsantritt durch Sozialabbau, Privatisierungen und Bildungsabbau gekennzeichnet ist, während er auf der anderen Seite gigantische Versprechungen wie Vollbeschäftigung gibt oder meint die Leute können „mehr Geld durch fleißiges Arbeiten“ verdienen. In der konkreten Situation gibt es eine enorme Empörung über die Bankenhilfspakete. Den Bankenchefs und UnternehmerInnen, die für die Krise verantwortlich sind wird durch Unmengen von Geld der Arsch gerettet, während die ArbeiterInnen und die Armen, die unterdrückten Schichten, immer weiter ausgenommen werden und ihrer soziale Rechte beraubt werden. Diese Phänomene sind natürlich Symptome der Wirtschaftskrise welche nun auch in Frankreich eiskalt zu Tage tritt. Von November bis Dezember wuchs die Zahl der Erwerbslosen um 64 000! Im Jahr 2009 sollen im öffentlichen Dienst 30 000 Stellen gestrichen werden! Alles in allem ist es doch mehr als verständlich, dass hier gestreikt wird.

Perspektiven …

Die Gewerkschaftsspitzen warteten auf die Reaktion Sarkozys zum Generalstreik vom 29.Januar. An einem Montag sind die VertreterInnen der verschiedenen Gewerkschaftsfraktionen zusammengekommen und haben über die weitere Vorgehensweise diskutiert. Da bei der Fernsehausstrahlung am Donnerstag, 05.Februar keine Maßnahmen zu Verbesserungen seitens der Regierung bekannt gegeben wurden, wollen die Gewerkschaften einen weiteren Generalstreik für 19. März organisieren. Da, wie in Österreich, auch in Frankreich die Gewerkschaften von einer reformistischen Bürokratie beherrscht werden, wenn auch von einer weitaus kämpferischeren, ist diese Vorgehensweise nicht überraschend. Anstatt einen mehrtägigen Streik zu organisieren, der tatsächlich die Wirtschaft belastet und somit starken Druck auf die Regierung ausübt, werden erst mit größerer Zeitverzögerung einzelne Streiktage ausgerufen. Gerade wenn man sich aber diverse Kommentare von AktivistInnen durchliest oder anhört, werfen einige von ihnen sogar die Losung eines unbefristeten Generalstreikes aus. Viele GewerkschaftsaktivistInnen drängten auch darauf, dass es zu einer Weiterführung der Streikbewegung kommt – und zwar unabhängig der Stellungnahme Sarkozys. Zu Recht, spielt doch die Abwartetaktik der Gewerkschaftsführung der herrschenden Klasse natürlich unheimlich in die Hände. Diese hat erkannt welche Macht die organisierte Arbeiterschaft haben kann und wird mit allen Mitteln versuchen den Protesten mit Hilfe der bürokratischen Führung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Regierung fürchtet sich vor sozialen Unruhen, Sarkozy selbst blickt in Anbetracht auf Griechenland besorgt auf die Situation der Jugendlichen im eigenen Land. Meistens sind die Kompromisse welche die Gewerkschaftsbürokraten dann ihre Errungenschaften nennt faule Kompromisse und führen in Wahrheit nur zu einem Aufschub des Sozialabbaus und der Entlassungen, beziehungsweise zu einem schrittweisen Abbau, bei welchem die Empörung der Massen nicht gebündelt werden kann. Um wirklich etwas zu erreichen, muss man die Führung in den Gewerkschaften anfechten und die Kämpfe weiter und durchgehend auf die Straße tragen. Jetzt ist die Notwendigkeit eines unbefristeten Generalstreiks mit Zusammenarbeit der Gewerkschaften anderer Länder größer denn je. Denn die kapitalistischen Regierungen weltweit versuchen die Krise der Wirtschaft auf die Schultern der ArbeiterInnen abzuwälzen. Jetzt ist die Zeit eines internationalistischen, unbefristeten Generalstreiks! Jetzt ist die Zeit um Strukturen in der Gewerkschaft aufzubauen, die unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie arbeiten und entscheiden, die demokratisch gewählt wurden und jederzeit abgewählt werden können. Jetzt ist die Zeit um zu erkennen, dass solche Kämpfe auch zum Aufbau einer konsequenten, revolutionären, sozialistischen Partei führen müssen!

Artikel von Michi