Wie verhalten wir Revolutionär_innen uns bei Wahlen?

Im Wesentlichen gibt es 4 Taktiken, die wir als revolutionäre Organisation gegenüber bürgerlichen Wahlen anwenden. Bevor wir dazu kommen müssen wir klar machen, dass wir die bürgerliche Demokratie (mit Parlamenten, die alle paar Jahre einmal gewählt werden) ablehnen. Über die bürgerliche Demokratie kann keine grundlegende Umwälzung der Gesellschaft vollzogen werden, denn sie ist ein Instrument der herrschenden Gesellschaft. Sie besteht aus nicht rechenschaftspflichtigen und nicht abwählbaren, gut bezahlten Vertreter_innen, die selber nur einen Bruchteil der relevanten Entscheidungen treffen. Die Mehrheit der Entscheidungen und Macht liegt nicht in ihren Händen sondern in den Händen von reichen Unternehmer_innen, ungewählten Bürokrat_innen im Staatsapparat und den Befehlsgeber_innen von Polizei und Militär. Das heißt für uns ist die bürgerliche Demokratie nur begrenzt demokratisch und muss unserer Meinung nach durch eine Rätedemokratie der Arbeiter_innen ersetzt werden, dafür aber kann der existierende Staatsapparat nicht transformiert werden – er muss zerschlagen werden!

Zurück zu den 4 Taktiken. Alle orientieren sich an der gesellschaftlichen Situation. Die wohl radikalste Taktik ist wohl die des Wahlboykotts. Wir rufen zum Wahlboykott von bürgerlichen Wahlen nur auf, wenn diese in einer Situation stattfinden, die die Frage der Macht unmittelbar stellt. Oft genug greift der bürgerliche Staat während revolutionären oder vorrevolutionären Massenerhebungen zur Taktik Neuwahlen auszurufen und somit den Schwung und Elan aus den Erhebungen zu nehmen und in geordnete Bahnen zu lenken. Um das nicht zuzulassen ist es notwendig in solchen Situationen auf Konfrontation zu gehen und die Wahlen zu boykottieren.

Die zweite Taktik ist die des ungültigen Wählens. Wenn wir uns in einer Situation befinden, in der die Mehrheit der Bevölkerungen noch Illusionen in die bürgerliche Demokratie hat (so wie heutzutage) es aber keine Partei der Arbeiter_innenbewegung (wie zum Beispiel in den USA, mit „fortschrittlichen“ Bürgerlichen, den Demokraten oder reaktionären Bürgerlichen, den Republikanern) gibt, in die die Mehrheit der fortgeschrittensten Teil der Arbeiter_innenklasse und Jugend Illusionen haben, dann rufen wir dazu auf ungültig – also weiß – zu wählen. Damit soll die Notwendigkeit einer Alternative zu den herrschenden (rein bürgerlichen) Parteien aufgezeigt werden.

Die dritte Option ist die der kritischen Wahlunterstützung. In einer Situation in der es eine klar dominierende reformistische Partei in der Arbeiter_innenbewegung gibt, egal ob sie bürgerliche Politik betreibt, ist es die strategische Aufgabe von Revolutionär_innen diese Vormachtstellung in der Arbeiter_innenklasse zu brechen. Es reicht (leider) nicht aus immer und immer wieder zu betonen wie verräterisch und reformistische diese Partei ist (auch wenn das wichtig ist) sondern wir müssen der großen Mehrheit der fortschrittlichen Arbeiter_innen und Jugendliche in der Praxis aufzeigen, wie falsch diese Politik ist. Es gibt eine Vielzahl von Taktiken, die in diese Richtung abzielen (Aktionseinheiten mit Reformist_innen, Einheitsfronten, Arbeit in den Gewerkschaften, etc) aber wir wollen uns in diesem Artikel auf die Frage der kritischen Wahlunterstützung beschränken. In der Opposition zeigt eine bürgerliche Arbeiter_innenpartei (in unserem Fall die SPÖ) nicht ihr wahres Gesicht, erst wenn sie in die Regierungsverantwortung gezwungen ist, zeigt sie ihr wahres Gesicht als eine Kraft, die Politik gegen die Interessen der Arbeiter_innen, Jugendlich und Unterdrückten macht. Natürlich darf unsere Unterstützung nicht ein unkritisches Bejubeln von links (wie es zum Beispiel die SJ zu tun pflegt) sein, sondern muss explizite Forderungen an ihre Führung und Basis sein, um einen Keil zwischen sie zu treiben und letztlich eine revolutionäre Partei aufzubauen.

Die letzte Taktik ist die Taktik der Eigenkandidatur. Obwohl wir uns natürlich keine Illusionen machen auch nur eine entscheidende Verbesserung über das Parlament erreichen zu können, streben wir es trotzdem an selbst auch zu Wahlen anzutreten. Und zwar um im Parlament eine Bühne zu haben um zu beweisen, dass der bürgerliche Staat und die kapitalistische Gesellschaft nicht zu reformieren sind, sondern nur durch eine Revolution der Arbeiter_innenklasse überwunden werden können. Natürlich sind wir in unserem jetzigen Stadium und in unserer jetzigen Größe nicht im Stande zu Nationalratswahlen anzutreten, aber falls wir eine ausreichenden Größe und einen ausreichenden Einfluss in Zukunft erlangen können, werden wir diese Taktik anwenden.

Wie aus der obigen Darstellung unserer Taktiken hervorgegangen, ist klar, dass wir zu diesen Nationalratswahlen zu einer kritischen Wahlunterstützung der SPÖ aufrufen. Natürlich ist es uns fern einfach nur zu sagen „Wählt die SPÖ, aber seid kritisch ihr gegenüber“. Nein. Wir sagen, wenn die fortschrittlichsten Schichten der Arbeiter_innenklasse und Jugend (in SPÖ, SJ und Gewerkschaften) der Meinung sind, dass die SPÖ als „ihre“ Partei die beste Option ist, dann sagen wir, dass wir mit ihnen gehen und gemeinsam erfahren werden, dass sie keine fortschrittliche Politik in der Regierung betreiben wird, so wie sie es auch in der Vergangenheit nicht gemacht hat. Und gleichzeitig stellen wir Forderungen an die SPÖ Führung:

  • Keine Regierung gemeinsam mit bürgerlichen – keine Koalition mit ÖVP, Grünen, FPÖ oder Stronach

  • Für leistbares Wohnen! Massiver Investitionen und Ausbau von öffentlichen Wohnungen unter Kontrolle der Arbeiter_innen

  • Keine weiteren Sparmaßnahmen, stattdessen massive Besteuerung von Reichtum und Unternehmen, Enteignung der Superreichen!

  • Kampf um jeden Arbeitsplatz! Enteignung aller Unternehmen, die Beschäftigte entlassen, unter Kontrolle der Arbeiter_innen. Massives öffentlichen Beschäftigungsprogramm im sozialen und ökologischen Bereich unter Kontrolle der Arbeiter_innen