Bericht vom Schulstreik

Es ist ein sonniger Vormittag und vor dem BRG Schuhmeierplatz sammeln sich junge Leute. Mit Masken und Abstand wird heute gestreikt, um klar ein Zeichen gegen die Pandemiepolitik der Regierung zu setzen und für eine Erleichterung der Matura zu kämpfen. Speziell die Forderung nach einer freiwilligen mündlichen Matura steht im Mittelpunkt. Viele tragen Schilder mit der Aufschrift #wirstreiken.

Der Warnstreik heute wurde von der Aks, der Sozialdemokratischen Schüler:innen Organisation organisiert. Es stehen aber auch viele andere Schulsprecher:innen dahinter, die sich in einem offenen Brief an die Regierung und den Stadtschulrat gewandt haben. Eine Durchseuchung der Schulen, wie sie gerade stattfindet, wird dabei klar abgelehnt.

Die Stimmung ist gut, auch wenn es etwas kalt ist. Es sind nicht nur Maturant:innen da, sondern viele aus niedrigeren Schulstufen, die sich für ihre Kolleg:innen einsetzen, aber auch wissen, dass es sie in den nächsten Jahren genauso treffen kann.

„Mir fehlt einfach die Motivation zu lernen. Seit Pandemiebeginn muss ich die ganze Zeit mit Unsicherheiten kämpfen. Wie soll man sich da aufs Lernen konzentrieren?“ sagt eine Schülerin. Eine andere meint, dass die Regierungspolitik was Bildung angeht mit dem Wort „Unorganisiert“ beschreiben werden kann. „Das Pandemiemanagement der Regierung und die Art wie unterrichtet wird scheint planlos. Es wirkt nicht so, als würde sich irgendwer um unsere Meinung scheren.“ meint sie.

Ganz oft wird auch ein bisschen scherzhaft die Notwendigkeit der Matura selbst in Frage gestellt. Warum soll eine punktuelle Leistung den Rest des Lebens weiterbestimmen, fragen viele. Durch die Pandemiesituation fallen immer mehr Widersprüche im österreichische Schul- und Bildungssystem auf.

Der Anlass des Schulstreiks ist die Corona-Politik an Schulen. Wir unterstützen die Forderungen der streikenden Schüler:innen, genauso wie die Probleme und Lösungen aus dem offenen Brief der Schulsprecher:innen. Der Streik wirft jedoch eine Reihe an Problemen auf, die tiefer sitzen und langfristigere Lösungen brauchen als der zentrale Slogan einer freiwilligen mündlichen Matura und ein besserer Umgang mit den Corona-Fällen an Schulen. Vor allem die mangelnde Berücksichtigung der Perspektive von Schüler:innen wird momentan umso deutlicher sichtbar. Es gibt kaum Mitspracherecht für Schüler:innen und es wird seit Pandemiebeginn über ihre Köpfe hinwegentschieden, der Streik ist eine gute Möglichkeit, sich endlich Gehör zu verschaffen. Die Forderung nach einer freiwilligen mündlichen Matura ist ein guter Startpunkt, das reicht aber bei weitem noch nicht aus. Prüfungsmodi müssen nicht nur angepasst, sondern auch neu gedacht werden. Die Schülerunion, die Schüler:innenorganisation der ÖVP, und die Aks sammeln sich beide hinter der Forderung nach einer freiwilligen mündlichen Matura, aber es wird nicht darüber gesprochen, wie es mit den nächsten Klassen weitergehen wird. Jedes Jahr wird es schwieriger werden, den verpassten Stoff aufzuholen. Aber nicht nur das Lernen leidet, sondern auch die Psyche. Nach 2 Jahren Pandemie sind die Auswirkungen klar zu sehen, viele Jugendliche weisen depressive Symptome auf und das liegt nicht nur an Social Distancing. Der Leistungsdruck in den Schulen, die Unsicherheiten, wie es in Zukunft weitergeht, die Angst, dass man selbst oder nahestehende Leute krank werden, das alles belastet junge Menschen. Es zeigt sich, wie diese Art der Ausbildung Menschen in diesem System schadet und mit den Streiks auch, dass sich Schüler:innen das nicht mehr so einfach gefallen lassen! Diese Situation sollte genutzt werden um nicht einem veralteten Bildungssystem hinterherzulaufen, sondern neue Vorschläge mit den Schüler:innen gemeinsam zu entwickeln.

Neben den Problemen beim Lernen und Abprüfen des Stoffes, gibt es auch immer noch keine Lösung wie man Schüler:innen vor Ansteckung schützen kann. Eine Durchseuchung der Schulen ist die momentane Strategie, das ist einfach ein Schlag ins Gesicht für alle, die jetzt zwei Jahre auf viel verzichtet haben um die Pandemie einzudämmen. Die Regierung kümmert sich nicht um die Gesundheit junger Menschen, deshalb müssen wir uns selbst darum kümmern! Schüler:innen, Lehrer:innen und Personal sollten gemeinsam entscheiden können welche Maßnahmen zusätzlich für ihren Standort gesetzt werden und welche Umstellung im Lehrbetrieb notwendig und sinnvoll sind. Natürlich braucht es auch eine zentrale Planung und richtiges Pandemiemanagement, aber von dieser Regierung können wir das momentan nicht erwarten, deshalb müssen wir weiterhin Druck aufbauen, bis sie endlich die richtigen Maßnahmen setzen.

Um diesen Druck organisiert aufzubauen, braucht es mehr als nur Schulstreiks. Wir fordern, dass sich Schüler:innen an ihren Schulen zu Komitees zusammenschließen, die gemeinsam Forderungen erarbeiten und damit auch ihre Schule zu Aktionen mobilisieren. Die Schüler:innenorganisationen der Parteien (SU, Aks, verde,…) bleiben leider oft hinter der Ziellinie zurück einfach weil sie doch oft abhängig sind von der Politik, die ihre Mutterparteien machen. Deshalb braucht es unabhängige Schüler:innenpolitik und Selbstorganisierung. Zeitgleich sollten auch gemeinsam mit den beteiligten Organisationen Schulstreiks organisiert werden, dafür braucht es ein Bündnis, und nicht nur einzelne Gruppen, die isoliert oder in losen Zusammenschlüssen arbeiten.

Wir fordern:

  • Abschaffung der Matura und Ersetzen durch demokratisch mit Schüler:innen erarbeitete Schulabschlusskriterien
  • Bessere Psychische Unterstützung, speziell für durch die Pandemie entstandenen Belastungen, am Schulstandort!
  • Mehr Fachpersonal um besser mit Distance Learning umgehen zu können und medizinische Betreuung zu gewährleisten!
  • Schüler:innenkomitees die gemeinsam die Streiks organisieren und Forderungen demokratisch entscheiden!
  • Für ein linkes Schulstreikbündnis, um gemeinsam schlagkräftig handeln zu können!

Am 26.1. geht es weiter, mit dem nächsten Schulstreik!

Streiken wir diese Maturabedingungen und dieses Pandemie-Missmanagement weg!