Mubarak ist weg – doch der Widerstand darf jetzt nicht aufhören

Unbändiger Jubel brach am Freitag, den 11.2.2011 auf dem seit Wochen besetzten Tahrir-Platz aus, als der ägyptische Diktator Hosni Mubarak nach fast 32 Jahren zurücktrat. Es war der Druck der Massen, die Millionen auf den Straßen und der zähe Kampf gegen alle Widrigkeiten (wie Folter, Polizeigewalt und Panzer auf dem Tahrir-Platz), der den Diktator stürzte. Doch wie geht es nach dem Rücktritt und der Machtübernahme durch das Militär weiter?

 

 

Der Diktator ist weg, doch die Diktatur bleibt

Unmittelbar nach dem Rücktritt hat das Militär unter dem mächtigen General und Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi die Macht übernommen. Als Vorsitzender des Obersten Militärrates wird erwartet dass Tantawi die Regierung und das Parlament entlässt und die Regierungsgewalt zusammen mit dem Verfassungsgerichtshof ausübt. Doch das bedeutet keineswegs, dass die Diktatur besiegt ist! Seit Jahrzehnten sind es nur Armeegeneräle, wie auch damals Mubarak, die das Land regieren. Der grundsätzlich regierungstreue Militärapparat hat die Unhaltbarkeit Mubaraks eingesehen, und versucht jetzt vom Regime zu retten, was noch zu retten ist.

Auch die weitere Rolle des bisherigen Vize-Präsidenten Suleiman ist noch unbekannt. Als jahrelanger Chef des Geheimdienstes war die Stärkung seiner Macht durch Mubarak ein klares Zeichen für die Protestierenden: Der für Folter und Mord an politischen Gegnern bekannte Vizepräsident symbolisierte die harte Linie gegen den Aufstand. Doch darüber hinaus ist er als gewiefter Diplomat und Verbindung sowohl zum Westen als auch zu Israel bekannt und hat die Blockadepolitik gegen den Gazastreifen von ägyptischer Seite mitbestimmt.

Wie Blätter im Wind

Abwartend reagierten hingegen die USA und die EU, die Mubarak als „Verbündeten gegen den Islamismus“ schätzten und ein klares Interesse an seinem Machterhalt hatten. Bezeichnend ist es zum Beispiel dass Ägypten nach Israel der größte Empfänger von Auslandshilfe durch die USA ist, die ausschließlich zu militärischen Zwecken verwendet wird. In den letzten Tagen und Wochen zeichneten sich die imperialistischen Staaten vor allem durch schwammige Botschaften nach einer Einstellung der Gewalt aus und wünschten sich klar eine Stabilisierung des wirtschaftlichen und militärischen Bündnispartners Ägypten.

Während in den letzten Wochen die USA offensichtlich bereits an einer Übergangsregierung arbeiteten, die im Fall des Falles das System erhalten sollten (man sehe sich hier zum Beispiel die Unterstützung für den ehemaligen Chef der Atombehörde, El Baradei an) setzen sie jetzt öffentlich ihre Hoffnungen in das Militär. Sowohl Vertreter_innen der USA als auch der EU sprachen vom „Vertrauen“, dass das ägyptische Volk dem Militär entgegen gebracht hatten und äußerten einmal mehr den Wunsch nach einer „Normalisierung“. Durchgehend positiv waren in diesem Sinne auch die Reaktionen auf den Militärputsch nach dem Rücktritt.

Doch egal, welchen „Hoffnungsträger“ des alten oder des neuen Regimes sie unterstützen interessieren sich die imperialistischen Staaten nicht für den Wunsch der Bevölkerung nach Arbeitsplätzen, leistbaren Lebensmittelpreisen und Demokratie sondern vor allem für die geostrategische Lage im Nahen und Mittleren Osten, besonders für den Suez-Kanal. Vor diesen falschen Freunden muss die Protestbewegung auf der Hut sein.

Wie weiter?

Die Protestbewegung in Ägypten hat durch Beharrlichkeit und heldenhaften Kampf einen ersten Erfolg errungen. Doch dabei darf die Bewegung nicht stehen bleiben. Die Versprechungen des neuen Militärregimes sind ein Versuch, die Bewegung versanden zu lassen, die winzigen Zugeständnisse Almosen. Doch die Werktätigen, Arbeitslosen und Jugendlichen müssen sich nicht mit einem Stück vom Kuchen zufrieden geben, sie können sich jetzt die ganze Bäckerei holen!

  • Wichtig ist es, die Protestbewegung aufrecht zu erhalten und zu organisieren – dem Militärputsch werde unweigerlich Übergriffe folgen, wenn die Demonstrant_innen sich nicht dem neuen Regime beugen. Die zentrale Losung muss der Aufbau einer verfassungsgebenden Versammlung der Werktätigen, Arbeitslosen und Jugendlichen sein!

  • Um das zu erreichen muss die Bewegung Selbstverteidigungskomitees in den Wohnvierteln und Betrieben organisieren und Polizei, Militär und die Mördermilizen des Ex-Präsidenten entwaffnen. Die Organisation in Räten an Betrieben, Schulen und so weiter muss in der Lage sein, im Fall des Falles eine Gegenmacht zum neuen alten Regime auszuüben!

  • Um die wahnwitzigen Preise zu normalisieren müssen Preiskomitees der Produzent_innen und der Lohnabhängigen gebildet werden. Weg mit der Bereicherung und der Korruption durch die Eliten, weg mit der Abhängigkeit von den Spekulationen in USA und EU! Für das Außenhandelsmonopol, also die alleinige Kontrolle des Imports und Exports durch Ägypten selbst unter Kontrolle der Arbeiter_innen!

  • Die Jugendlichen haben in den Protesten eine führende Rolle gespielt. Wie in vielen sozialen Kämpfen haben sie an vorderster Front gegen die Diktatur gekämpft. Eine unabhängige, revolutionäre Organisierung auf marxistischer Grundlage der militantesten und fortschrittlichsten Teile der Jugend ist daher wichtig. Wir fordern alle revolutionären Jugendlichen auf, sich auf der Basis des REVOLUTION-Programmes und des Aktionsprogramms für Ägypten der Liga für die Fünfte Internationale zusammen zu schließen! Zusammen mit einer revolutionären internationalen Jugendorganisation, REVOLUTION wird die ägyptische REVOLUTION-Sektion auf dieser Basis aufgebaut werden.
  • Letzten Endes müssen Massenbewegungen und Generalstreiks, vor allem im Nildelta, die Regierung und die Bourgeoisie in die Knie zwingen um eine Regierung der Arbeiter_innen und Bauern aufzubauen. Die Wurzel des Problems waren nicht einzelne Diktatoren sondern die enorme Ausbeutung durch die „eigene“ und die internationale Kapitalist_innenklasse. Dazu ist es notwendig, den politischen Generalstreik in Ägypten zu forcieren um den ökonomischen Druck auf die Herrschenden steigen zu lassen.

Die Revolution darf jetzt nicht zerschlagen werden – für die permanente Revolution in Nordafrika, für ein sozialistisches Ägypten!