Der Ursprung des Faschismus – Italien

In der Schule lernen wir über Hitler, die Nazis und den Zweiten Weltkrieg, in den Medien hören wir oft von Neonazis und Strache redet viel vom sogenannten „Linksfaschismus“ um Gruppen wie REVOLUTION oder andere radikale Linke zu denunzieren. Während Strache hier einfach nur ein billiges Kampfwort ohne wissenschaftlichen Gehalt verwendet, hat der Faschismus selbst seine klare historische Bedeutung – und diese trifft auf die Nazis zu, aber nicht nur. In der Geschichte – und auch heute – gab und gibt es verschiedene Gruppen und Bewegungen welche als faschistisch bezeichnet werden können, der historische Ursprung liegt im Italien nach dem Ersten Weltkrieg.

Benito Mussolini – Die Glatze des Faschismus

Italien kämpfte im Ersten Weltkrieg (1914-1918) auf Seiten der Entente-Mächte von welchen das Land die österreichischen Gebiete Trentino und Küstenland um Triest, Istrien, und Friauls versprochen bekommen hatte.

Mussolini, der als Begründer der faschistischen Bewegung gilt, kam paradoxer Weise aus der sozialistischen Bewegung und sah sich als Marxist, was im Nachhinein betrachtet wohl etwas verwirrend wirkt, und man glatt meinen könnte Strache hätte recht mit seinem Linksfaschismus Quatsch. Vor dem Ersten Weltkrieg war er innerhalb der PSI (Partito Socialista Italiano) am linken Flügel der Partei, so rief er auch für einen Generalstreik gegen den Italienisch-Türkischen Krieg 1911 auf. Ein Jahr später schaffte er es sogar zum Chefredakteur der Parteizeitung „Avanti!“. Mussolini zeichnete sich jedoch nie wirklich durch Argumentationen, Analysen, und die Standhaftigkeit seiner Positionen aus. 1914 sprach er sich mehr und mehr dafür aus auf Seiten der Entente-Mächte in den Krieg einzutreten. Daraufhin wurde er Marx sei Dank von seinem Posten als Chefredakteur enthoben, da sich der Großteil der Partei wenigstens zu einer pazifistischen Neutralität durchringen konnte, was schon beschissen genug ist, da sich MarxistInnen wie schon Lenin, Trotzki, Liebknecht, und Luxemburg für einen revolutionären Kampf gegen imperialistische Kriege einsetzen müssten. Wie auch immer, Mussolini gründete für seine Ziele seine eigene Zeitung „Il Popolo d’Italia“ mit welcher er sich scheinbar endgültig von einem Klassenstandpunkt verabschiedete. Dadurch konnte er sich bei den englischen und französischen ImperialistInnen und der Kriegsindustrie sogar so beliebt machen, dass sie ihn ganz kräftig finanziell unterstützten. Ab 1915 kämpfte Mussolini an der festgefahrenen Front am Isonzo wo er durch seine eigene Mörsergranate leider nur verletzt wurde und deswegen schon 1917 wieder nach Hause konnte, um seine schlechte Propaganda zu verbreiten.

Biennio rosso – Die zwei roten Jahre 1919/1920

Nach Ende des Krieges stand Italien vor einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Für den Krieg hatte man die Schwerindustrie, den Maschinen- und Fahrzeugbau, und die Elektrizitätserzeugung enorm mit Staatseingriffen unterstützt und entwickelt, während zum Beispiel die Landwirtschaft vernachlässigt wurde. Während die Landwirtschaft in chaotischen Zuständen befangen war, geriet die Industrie und mit ihr die Banken in eine schwere Krise, welche nur durch den Staat abgewendet werden konnte, der durch den Krieg ohnehin schon finanziell angeschlagen genug war. Das äußerte sich auch in hoher Arbeitslosigkeit, von welcher vor allem die heimkommenden Soldaten betroffen waren. Italien wurde durch Hungerrevolten und Landbesetzungen erschüttert.

Die PSI, durch die soziale Lage in Italien und die Oktoberrevolution in Russland beeinflusst, schloss sich der Dritten Internationale an, welche versuchte die sozialistische Revolution auszuweiten. Trotz allem war die Partei jedoch immer noch in revolutionäre Kräfte und in gemäßigtere zentristische und reformistische Kräfte unterteilt. Die PSI unterstützte Demonstrationen und Streiks, doch als die ArbeiterInnen Betriebe besetzten und unter ihre eigene Kontrolle setzten, hielt sich die Partei zurück. Nur der linke Flügel um Antonio Gramsci sah die Zeit für ArbeiterInnenkontrolle in den Betrieben, den Aufbau von eigenen Machtorganen in Form von Räten, und den revolutionären Umsturz gekommen. Eine solche revolutionäre Bewegung konnte in Turin starke Erfolge verzeichnen, blieb aber isoliert da die PSI sich weigerte eine Ausweitung zu unterstützen. Die Unfähigkeit der PSI die Bewegung weiter zu führen, musste zu ihrem Niedergang führen, welcher der Konterrevolution und den FaschistInnen den Weg bereitete.

Entstehung des Faschismus und die Biennio nero – Die zwei schwarzen Jahre 1921/1922

Mussolini versuchte seine Ideen unter den arbeitslosen heimkehrenden Soldaten zu verbreiten, und bediente sich seines Slogans vom „verstümmelten Sieg“, da nicht alle Versprechungen für Gebietsannexionen von den Entente-Mächten eingehalten wurden. Am 23.3.1919 gründete Mussolini in Mailand mit ca. 200 Beteiligten den ersten Italienischen Kampfbund (Fascio Italiano di Combattimento). Anfangs war diese faschistische Bewegung noch ein relativ uneinheitlicher Haufen, ohne wirkliche ideologische oder programmatische Ausrichtung. Mussolini machte jedoch schon bei der Gründung klar worum es geht: „Heute gründen wir eine Gegenpartei, die Fasci di Combattimento, sie wendet sich gegen zwei Gefahren: Erstens gegen den Hass der Linken und zweitens gegen deren Zerstörungswut.“

Gemeinsam hatten die meisten den Nationalismus, Gewaltbereitschaft, und, dass sie von links nach rechts wanderten. Die Vergangenheit oder eine gewisse frühere Nähe zur sozialistischen oder gewerkschaftlichen Bewegung sieht man auch in ihrem ersten provisorischen „Programm“, in welchem die Faschisten für Mindestlöhne, Mitbestimmung, Achtstundentag, und eine Alters- und Invalidenversicherung eintraten. Mussolini wollte sich jedoch nicht auf ein solches Programm festlegen, und beim ersten Kongress der Fasci di combattimento erklärte er keine Präferenzen zu haben, weder monarchische noch republikanische. 1932 schrieb Mussolini über den Ursprung der faschistischen Bewegung: „Ich hatte damals keine Doktrin im Sinn… Meine persönliche Doktrin war selbst zu dieser Zeit immer noch eine reine Doktrin des Aktivismus.“

Der politische Erfolg blieb anfangs eher bescheiden. Um die Jahreswende 1919/1920 gab es 31 Fasci mit nicht einmal 1000 Mitgliedern. Bei den ersten nationalen Nachkriegswahlen im November 1919 konnten die Faschisten nur ein paar tausend Stimmen erreichen und keinen einzigen Abgeordneten ins Parlament schicken. Das Problem der Faschisten lag in ihrer heterogenen Bewegung mit welcher sie auf der einen Seite einem revolutionärem, pseudo-antikapitalistischem Anspruch gerecht werden wollten und somit Bürgerliche abschreckten, auf der anderen Seite mit ihrem Nationalismus und ihrer Hetze gegen links ArbeiterInnen gegen sich aufbrachten. Am Parteikongress 1920 machte Mussolini klar „das bürgerliche Schiff nicht zu versenken, sondern an Bord zu gehen, um die parasitären Elemente über Bord zu werfen“.

In den Biennio rosso entwickelte sich der Faschismus am Land (Fascismo agrario) fern von jeder Zweideutigkeit offen konterrevolutionär. Die LandarbeiterInnen hatten sich dort starke Gewerkschaften geschaffen und konnten sich diverse Errungenschaften erkämpfen. Mit den sogenannten „Squadre d’azione fascista“ wurde eine paramilitärische Bürgerkriegsorganisation gegen die ArbeiterInnenbewegung geschaffen. Ihr Ziel war überwiegend der Angriff auf sozialistische, aber auch katholische, Parteibüros, Gewerkschaftshäuser, und Konsumgenossenschaften, sowie der individuelle Terror (bis hin zu Mord) gegen FunktionärInnen der ArbeiterInnenbewegung und politische Feinde. Dieses Konzept fand große Unterstützung bei den GroßgrundbesitzerInnen, kleineren FabrikbesitzerInnen, und HändlerInnen. Somit konnte die faschistische Bewegung Ende 1920 von 20 000 Mitgliedern ein Jahr später auf 250 000 anwachsen.

Der Marsch auf Rom

Für Mussolini wurde 1922 klar, dass die Zeit der Machtergreifung für ihn gekommen war. Auf der einen Seite drängte die faschistische Basis auf einen militärischen Putsch, auf der anderen Seite erhofften sich gemäßigtere bürgerliche Kräfte mit Hilfe der FaschistInnen regieren zu können, und sie auf diese Weise zu zähmen. Ein Staatsstreich war für Mussolini jedoch keine einfache Angelegenheit, da er durchaus mit Widerstand von verschiedenen Seiten rechnen musste, insbesondere von Teilen der etablierten Kräfte. Als Lösung betrachtete er eine Doppelstrategie mit welcher er auf der einen Seite seine Regierungsfähigkeit demonstrierte, auf der anderen Seite Druck auf den König ausübte. Am 20. September 1922 legte er eine Art Regierungsprogramm vor, in welchem er sich zur Monarchie und zu einer liberalen Wirtschaftspolitik bekannte, sowie sich mit dem Katholizismus aussöhnte. Zusätzlich mobilisierte er seine faschistischen Banden. Am 24.10.1922 hielt er in Neapel eine Rede vor zehntausenden Schwarzhemden (Mitglieder der Fasci di Combattimento), in welcher er sein Vorhaben klar machte: „Entweder man überträgt uns die Regierungsgewalt oder wir werden sie uns holen, indem wir uns auf Rom stürzen.“

Am 28. Oktober war es dann soweit, und tausende FaschistInnen zogen nach Rom. Der Ministerpräsident Facta plante einen Ausnahmezustand auszurufen, welcher jedoch vom König verweigert wurde, statt dessen erteilte dieser Mussolini den Auftrag zur Regierungsbildung. Schon am 30. Oktober wurde Mussolini zum Ministerpräsidenten ernannt.

Während der Widerstand der SozialistInnen und KommunistInnen schon in den Jahren zuvor durch den Terror der Schwarzhemden, und durch das Militär gebrochen wurde, stand eben dieses Militär nun daneben und sah zu wie die faschistische Diktatur vorbereitet wurde. Und das obwohl es durchaus möglich gewesen wäre die 14 000 Schwarzhemden, welche schlecht ausgerüstet auf Rom marschierten, mit den gut ausgerüsteten 28 000 Soldaten zu stoppen.

Der Faschismus an der Macht

Mussolini machte weiters klar, dass er Ministerpräsident sei „um im höchsten Maß die Revolution der Schwarzhemden zu verteidigen und auszuweiten“. Zusätzlich verlangte er die Zustimmung zu einem Ermächtigungsgesetz, wie später auch Hitler, und drohte mit Gewaltanwendung falls man seinem Willen nicht nachkomme. In weiterer Folge richtete er sein zukünftiges Scheinparlament ein, den sogenannten faschistischen Großrat, und gliederte die Squadre d’azione fascista in eine staatliche Milizorganisation ein. 1925 verkündete Mussolini letztendlich die „Diktatur mit offenem Visier“. Die Opposition wurde unterdrückt, die Parteien wurden aufgelöst, eine Einheitspresse eingeführt und die restlichen Zeitungen verboten oder zensiert, und die Meinungsfreiheit unterdrückt. Die sozialistischen und katholischen Gewerkschaften mussten sich auflösen, arbeitsrechtliche Angelegenheiten wurden nun zwischen der faschistischen Gewerkschaft und dem Unternehmerverband ausgemacht, und darüber hinaus wurde auch das Streikrecht abgeschafft. Am 25.11.1926 wurde das Gesetz zur „Verteidigung des Staates“ beschlossen, welches die Todesstrafe für nicht weiter definierte „politische Verbrechen“ einführte, sowie eine Geheimpolizei zur Bekämpfung des Antifaschismus. Damit war Mussolinis Position gesichert. Der Faschismus hatte sich also als terroristische Massenbewegung zur Errichtung einer totalitären Diktatur zu Gunsten des Kapitals erwiesen.