Jemen: Stoppt die Invasion!

Eine Militärallianz unter der Führung eines Staates, in dem Frauenrechte nichts gelten, Homosexualität mit dem Tod bestraft werden kann und ein absolutistischer König herrscht, greift ein anderes Land an, um seine autoritäre Marionettenregierung zu stützen. Wer sich dabei denken würde, dass der Westen das verurteilen oder sanktionieren würde ist weit gefehlt. Denn Geopolitik ist wichtiger als Demokratie und Freiheit für den „demokratischen“ Westen. Im Interesse der Wirtschaft wird mal schnell darüber hinweg gesehen, dass Saudi Arabien nicht einmal den Anspruch an sich selbst stell eine Demokratie zu sein. Auch die anderen Regime die sich an der Operation „Decisive Storm“ beteiligen (Ägypten, Sudan, Jordanien, Qatar, die vereinigten arabischen Emirate, Bahrain, Kuwait, Marokko) sind nicht für ihre Liebe zur Demokratie und freien Meinungsäußerung bekannt. Zusammengefasst: Der Angriff auf den Jemen dient nicht der Stabilisierung oder der Erzwingung demokratischer Wahlergebnisse. Die Mächte, die in der Region die engsten Verbündeten der westlichen Imperialist*innen und besonders der USA sind, nehmen einen militärischen Machtwechsel ganz nach dem Vorbild der westlichen Kriegstreiber*innen vor.

Doch eines nach dem anderen. Der Jemen, am äußersten Süden der arabischen Halbinsel angesiedelt, befindet sich nun schon seit einigen Jahren in einem Zustand höchster Instabilität. Ab 2011 gingen im Jemen, ähnlich wie in anderen arabischen Staaten, hunderttausende gegen das autoritäre Regime auf die Straße. Nachdem Präsident Saleh fliehen musste wurde sein Vizepräsident Hadi in einer Wahl, die nur einen Kandidaten hatte, mit 99,8% gewählt. Seit dieser Zeit kommt es immer wieder zu bewaffneten Konflikten zwischen den verschiedenen Parteien des Jemen. Auf der einen Seite stellt der Jemen einen Hotspot der Aktivität von Al Qaida auf der arabischen Halbinsel dar, auf der anderen Seite gibt es neben den Houthi Rebellen und den Kräften des alten Regime auch noch Kräfte die für die Unabhängigkeit des Südjemen kämpfen (1989 vereinigten sich Nord- und Südjemen zum heutigen Staat). Seit der 2. Phase des Krieg gegen den Terror, die spätestens mit Obamas Amtsantritt begonnen hat, wird von Seiten des Westens weniger auf direkte Invasionen gegen Regime gesetzt (Afghanistan, Irak) sondern vermehrt auf einen Krieg aus der Luft. Vor allem mit Drohnen wurden und werden in Ländern wir Pakistan, Somalia oder eben auch dem Jemen neben einigen Anführern von Al Qaida auch hunderte Zivilist*innen getötet. Alleine im Jemen beläuft sich die Zahl der durch US Drohnenangriffe getöteten auf ungefähr 1000. Nichtsdestotrotz (oder vielmehr gerade deswegen) ist Al Qaida im Jemen eine ernstzunehmende Kraft, die zum jetzigen Zeitpunkt auch Teile des Landes, darunter die Provinzhauptstadt Al Mukalla mit einer halben Million Einwohner*innen, kontrolliert. Das Bombardement der zivilen Bevölkerung stärkt auch die Verankerung der islamistischen Terrorgruppe.

Al Quaida ist aber nicht der Grund des Krieges der Militärallianz gegen den Jemen, vielmehr stellen die Houthi Rebellen, die mittlerweile den größten Teil des (besiedelten) Landes kontrollieren, diesen dar. Die Houthis, die sich vor allem auf die schiitischen Teile (35-40%) der jemenitischen Bevölkerung stützen, stellen in den Augen Saudi Arabiens eine große Gefahr dar. Saudi Arabien als wahabitisches Regime kann keine starken schiitischen Kräfte nahe seiner Grenzen tolerieren. Die Houthis hingegen werden wohl verdeckt vom iranischen Regime unterstützt, das der größte Konkurrent für Saudi Arabien als Regionalmacht darstellt. Die Houthis selbst streben aber offenbar nicht nach der Errichtung eines ähnlichen Regimes wie im Iran, sondern behaupten sie wollen die Errichtung einer demokratischen Republik.

Der Konflikt im Jemen ist ein gutes Beispiel an dem die Machtkonstellationen im Nahen Osten offensichtlich werden. Der Iran und Saudi Arabien kämpfen um die Vormachtstellung in dieser Region. Vor allem nach den abgeschlossenen Atomverhandlungen kann der Iran gestärkt seine wirtschaftliche und politische Isolation überwinden und stellt nun eine ernstzunehmende Konkurrenz für Saudi Arabien dar. Was nebenbei auch ein Grund dafür ist dass sich die Regimes in Riyad und Jerusalem gut verstehen. Der Iran wird wohl nicht unmittelbar diese verbesserte Situation aufs Spiel setzen, aber mittelfristig ist auch ein Konflikt zwischen diesen Regionalmächten nicht ausgeschlossen.

Nachdem die Houthi Rebellen Anfang des Jahres die Hauptstadt Sana’a eingenommen haben war der aktuelle Präsident Hadi zurückgetreten, dann zuerst Richtung Süden in die 3. größte Stadt Aden geflohen und nachdem sich die Houthi Rebellen auch dieser Stadt näherten floh er Richtung Saudi Arabien. Nachdem er aus der Hauptstadt geflohen war nahm er seinen Rücktritt am 21. Februar wieder zurück, wohl auch auf die Zusicherung Saudi Arabiens hin ihn wieder als Präsidenten zu installieren. Ab 26. März begann dann die Militärintervention die vor allem aus Bombardements aus der Luft sowie auf Angriffe vom Meer aus bestand. Der amerikanische Nachrichtensender CNN berichtete auch, dass Saudi Arabische Spezialeinheiten in Aden die Verteidigung gegen die Houthis organisierten. Die Luftschläge haben mittlerweile schon mehr als 500 Menschen das Leben gekostet, nicht wenige davon Zivilist*innen. Doch die Luftschläge haben es nicht geschafft den Houthis entscheidend zu schaden, immer noch sind sie die militärisch dominierende Kraft im Jemen, wohl auch weil auch breite Teile der Bevölkerung ein Eingreifen aus dem Ausland ablehnen. Saudi Arabien und Ägypten haben einen Einmarsch mit Bodentruppen nicht abgelehnt und vor allem Saudi Arabien will dafür auch Pakistan gewinnen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, weil eine saudische militärische Intervention 2009/10 ihnen keinen Ruhm eingebracht, sondern große Verluste bereitet hatte. Eine Bodenoffensive ist wohl das Einzige was die Houthis ernsthaft gefährden könnte, aber dann würde der Konflikt wahrscheinlich auch in einem langen und blutigen Guerilla-Krieg enden, der für Saudi Arabien nicht zu gewinnen ist. Auch weil sie selbst im Südwesten des Landes schiitische Minderheiten haben, in denen die Houthis starken Rückhalt haben.

Wir lehnen ganz klar das Eingreifen der vom Westen unterstützten Militärkoalition ab, die nur ein Marionettenregime installieren will. Die Bevölkerung im Jemen soll ihre Angelegenheiten ohne die Einmischung imperialistischer Kräfte regeln können. Außerdem lehnen wir den blutigen Drohnenkrieg ab, den die USA seit Jahren führen und der unzählige zivile Opfer forderte. Das Bombardement stärkt nur die reaktionären terroristischen Gruppen, deren Aktionen dann als Rechtfertigung für weitere Angriffe genutzt wird. Der Konflikt den wir im Jemen sehen ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Westen kein Problem hat mir reaktionären Diktaturen zusammenzuarbeiten solange sie seine Verbündeten sind. Demokratie und Freiheit sind für sie nur leere Worte die sie verwenden um politischen Mehrwert zu erlangen. Wenn wir diese Dinge haben wollen, wird sie uns niemand geben, sondern wir müssen sie uns erkämpfen – überall!