Polizeigewalt, Repression und Kriminalisierung

Die Polizeigewalt, die am Samstag Sitzblockierende, Demonstrant*innen und am Heimweg befindliche Antifaschist*innen traf hat für einen Aufschrei gesorgt. Nicht nur aktive Aktivist*innen, sondern auch die zivilgesellschaftliche Linke, die sich von radikalen Aktionen sonst so schnell wie möglich distanziert und sogar bürgerliche Medien wie Standard oder Kurier stellten die Frage, wie solche Übergriffe möglich waren. Dabei stellen die Prügelexzesse am Samstag nur den bisherigen Höhepunkt einer Entwicklung dar, nachdem die Polizei bei einem Schüler*innenstreik im Dezember 2013 mit Hundestaffel und WEGA-Einheiten in die Menge prügelte und bei den Protesten gegen den Akademikerball in großräumigen Kesseln Pfefferspray und Schläge ins Gesicht verteilte wie ein zu spät gekommener Weihnachtsmann. Fakt ist: Die Polizei, der bewaffnete Arm des kapitalistischen Unterdrückungssystems, hat in Österreich zum Angriff gegen Antifaschist*innen und fortschrittliche Kräfte geblasen. Wie wir diesen Angriff abwehren können und welche die Rolle die Polizei in diesem System spielt, müssen wir verstehen, wenn wir nicht ungeschützt getroffen werden wollen.

Beim Akademikerball kam es laut Angaben der Polizei zu 14 Festnahmen und 17 Verletzten, doch die Anzahl jener die Polizeigewalt erleben mussten, liegt weit über dieser offiziellen Statistik. Der deutsche Aktivist Josef sitzt nach 100 Tagen immer noch in Untersuchungshaft, weil ihm vorgeworfen wird federführend am Angriff auf eine Polizeiwache beteiligt gewesen zu sein. Alles deutet jedoch darauf hin, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war, wo ihn die Polizei willkürlich festgenommen hat. Ganz in der Logik einer Kollektivschuld ermittelt die Polizei nun gegen 500 Teilnehmer*innen wegen „Landfriedensbruch“, einem Paragraphen der die bloße Teilnahme(!) an „einer Zusammenrottung“ unter Strafe stellt, bei welcher (in diesem Fall) schwere Sachbeschädigung begangen wurde.

Bei der Demonstration gegen die „Identitären“ gingen etwa 700 Demonstrant*innen auf die Straße um gegen den Aufmarsch von etwa 100 radikalen Rechten zu demonstrieren. Beim Volkstheater stellten sich hunderte Antifaschist*innen in einer Massenblockade dem braunen Treiben entgegen – die Polizei antwortete mit massiver Gewalt um den rassistischen Haufen unter allen Umständen vor einem Gesichtsverlust zu schützen. Die Bilanz: Massiver Einsatz von Pfefferspray, 37 Festnahmen, über 100 Anzeigen, zahlreiche Verletzte und ein doppelter Knöchelbruch einer Gewerkschafterin.

Antifaschismus ist kein Verbrechen!

In den Medien und von der Polizei wird meistens das Bild vermittelt, die Eskalation gehe in erster Linie von „gewaltbereiten Demonstrant*innen“ oder „dem schwarzen Block“ aus, gegen den sich die Polizei nur zur Wehr gesetzt habe. Das mag vorkommen, oft ist es aber ganz anders, die Polizei wird nämlich meist dort aggressiv und übergriffig, wo Demonstrant*innen nicht genau so handeln wie die Exekutive sich das vorstellt. Bei der Demonstration gegen die „Identitären“ drängte die Polizei beispielsweise den hinteren Teil der Demonstration die Mariahilferstraße hinunter, weil diese sich zu langsam fortbewegte und für einen kurzen Zeitraum sah es so aus, als wolle die Polizei deswegen einfach die ganze Demonstration einkesseln.

Abgesehen davon gibt es aber ein spezielles Eskalationspotential bei antifaschistischem Protest. Der Grund dafür liegt darin, dass die Polizei oft genug faschistische und rassistische Versammlungen toleriert und diese mit Verweis auf das Versammlungsrecht beschützt. Antifaschist*innen wissen aber: Faschismus findet seinen Nährboden in der sozialen Krise des Kapitalismus, auf dem er sich ausbreiten kann um durch brutale Gewalt Migrant*innen, Minderheiten, Linke und die Arbeiter*innenbewegung zu unterdrücken. Deswegen gibt es für uns keine Toleranz gegenüber solchen reaktionären Kräften, sie werden uns nämlich alles andere als tolerieren. Es gilt auf die Gefahr von rechts hinzuweisen und radikale Rechte nicht ungestört ihre Versammlungen und Demonstrationen abhalten zu lassen. Deswegen setzen sich Kräfte wie die „Offensive gegen rechts“ dafür ein, sich solchen faschistoiden Kräften massenhaft entgegen zu stellen und ihre Aufmärsche zu blockieren.

Der Aufstieg rechtsradikaler Kräfte in Griechenland, Ungarn oder der Ukraine zeigen, dass es nur eine Art und Weise gibt dem Faschismus zu begegnen und die lautet ihn im Keim zu ersticken so lange das noch möglich ist. Diese Länder zeigen auch, dass es nicht antifaschistische Mobilisierungen sind, die den Rechten ihren Aufstieg ermöglichen, so wie das manche Liberale behaupten. Faschismus wurde noch nie dadurch besiegt, dass man ihn ignoriert hätte, im Gegenteil: Unter ungestörten Bedingungen wuchert er am besten. Alle diese Liberalen die sich lieber über die Einschränkung des Versammlungsrechts von radikalen Rechten empören als über die Rechten selbst, haben in Wahrheit nur eine Strategie gegen Faschist*innen: sie dazu auffordern die demokratischen Spielregeln einzuhalten.

Die Problematik lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Der Staat schützt die Versammlungen und Aufmärsche von faschistoiden Kräften während Antifaschist*innen diese so gut wie möglich verhindern wollen.

Polizei: Keineswegs neutral!

Die Polizei redet sich natürlich immer auf das Gesetz aus, dessen ausführendes Organ sie ausschließlich (!) ist. Der Form nach schütze sie nur das Versammlungsrecht, dem Inhalt nach schützt sie Rechte und prügelt Linke.

Aber auch wenn wir die konfrontative Strategie antifaschistischen Protests ausklammern, so wissen wir, dass die Sympathie der Polizist*innen gegenüber Linken nicht besonders groß ist. Das liegt natürlich einerseits daran, dass sie wegen Demonstrationen der Linken oft zum Einsatz kommen. Andererseits liegt es in der Logik von der Polizei als gesellschaftliche Instanz, dass sie verhältnismäßig rechts zusammengesetzt ist. Erstens braucht man schon einmal eine gewisse Portion Ordnungshörigkeit um zur Polizei zu gehen. Zweitens, und damit zusammenhängend, ist die Exekutive ein streng hierarchischer und autoritärer Apparat. Drittens hat man ständig mit Kriminellen zu tun, deren Gründe für ihr Handeln oft in sozialen Problemen wurzelt. Und viertens hat man oft mit Asylwerber*innen zu tun, die allein durch die Tatsache, dass sie Asylwerber*innen sind an sich schon nur einen bedingten legalen Aufenthaltsstatus haben und durch extreme Entrechtung sehr leicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Diese Tendenz nach rechts wird auch durch die Zahlen zu den Personalvertretungswahlen untermauert. So erreichte die „Aktionsgemeinschaft unabhängiger und Freiheitlicher“ (AUF) bei den Wahlen der Personalvertretungen in der Polizei von 2009 beinahe 20% im Zentralausschuss. Im Vergleich dazu erhielt die AUF bei den Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst 2009 insgesamt nur 5,71% der Stimmen.

Aber die Polizei ist nicht nur tendenziell rechts, sie ist im Wesentlichen DIE Stütze der herrschenden Klasse an Kapitalist*innen. Wie schon erwähnt ist sie die Hand im Staat, die die Gesetze ausführen soll oder dessen Einhaltung durchsetzt. Die Gesetze im Kapitalismus sind aber die des freien Marktes, zum Schutz des Privateigentums an Produktionsmitteln. Die Gelder der Banken oder die Waren der Kaufhäuser werden mit allen erdenklichen Mitteln geschützt und die Diebe bestraft, während Bettler*innen aus dem Straßenbild entfernt werden sollen. Natürlich sind wir nicht der Meinung, dass sich Menschen einfach so den Besitz anderer Menschen aneignen sollen. Worauf wir hinauswollen, ist, dass die Gesetze im Kapitalismus den Reichtum der Reichen schützen und die Armut der Armen verschärfen. Die Polizei ist neben der Armee diejenige Kraft, die diesen Zustand gegen eine Veränderung durch soziale Revolte verteidigt. Wie Friedrich Engels sagte, ist der Staat im Kapitalismus der „ideelle Gesamtkapitalist“ und in diesem Sinne ist die Polizei ein Instrument zum Machterhalt der Kapitalist*innen und nicht die Hüterin einer angeblichen Gerechtigkeit.

Polizeigewalt hat System!

Der Polizei geht es in ihrer Funktion nicht darum einfach nur einen gegebenen Ordnungszustand zu verteidigen, sondern jene die eine Gefahr für diesen Zustand darstellen könnten, mit brutaler Gewalt zu unterdrücken und einzuschüchtern. Ihre Repression ist aggressiv, oft kollektiv und teilweise willkürlich.

In diesem Zusammenhang ist es auch kein Wunder, dass sich die Innenministerin gegen eine Kennzeichnungspflicht der Polizei ausspricht. Daran merkt man, dass sie anscheinend noch nie in einer Situation war, in der sie die Dienstnummer eines Polizisten oder einer Polizistin verlangte und diese einfach nicht bekam. Sie könne sich Videokameras an den Uniformen vorstellen. Sogar der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft weist darauf hin, dass man „mit Schutzschildern und dergleichen“ „jegliche Aufnahme verhindern“ könne. Schon jetzt filmt die Polizei oft genug mit, aber was davon wirklich im Nachhinein noch existiert, wenn Straftaten der Beamt*innen auf Videos zu sehen wären, bleibt zu hinterfragen.

So oder so, Polizeigewalt wird weiterhin eine Methode zur Unterdrückung fortschrittlicher Kräfte bleiben. Wir werden uns dadurch auf keinen Fall unterkriegen lassen. Antifaschismus ist unsere Pflicht. No pasaran!