Was sind Burschenschaften und warum gegen den WKR-Ball demonstrieren?

Am 27. Jänner ist es wieder mal so weit! Der rechtsextreme Wiener Korporationsring trifft sich zum 26. mal in der Wiener Hofburg um dort seinen alljährlichen Burschenschafter-Ball abzuhalten. Doch das ist nicht das einzige Jubiläum, am 27. Jänner jährt sich perverser Weise auch der Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Während dort 1,3 Millionen Menschen – davon 1,1 Millionen Juden und Jüdinnen – ermordet worden sind, schwingen mehr als 66 Jahre später RassistInnen, Nazis, AntisemitInnen, und Konservative an diesem Gedenktag das Tanzbein, und das auch noch in einem der repräsentativsten Gebäude des österreichischen Staates! Das ist eine Provokation und ein Schlag ins Gesicht für alle Holocaust-Überlebenden, alle AntirassistInnen und AntifaschistInnen! Ein Grund mehr also um dagegen auf die Straße zu gehen.

In den letzten Jahren konnten sich Proteste gegen Burschenschaften wieder einem stärkeren Zulauf erfreuen. Das zeigen die vergangenen Proteste gegen den WKR-Ball, aber auch die sehr erfolgreiche Demonstration gegen das „Heldengedenken“ am 8. Mai, oder Aktionen gegen den Burschi-Bummel auf der Uni-Rampe. Wir wollen die vergangenen Proteste und den bevorstehenden WKR-Ball als Anlass nehmen uns mit Burschenschaften und dem WKR-Ball etwas genauer zu beschäftigen.

Was sind eigentlich Burschenschaften?

Jede und Jeder hat wahrscheinlich schon mal etwas von ihnen gehört, hin und wieder sieht man sie Abends auf der Straße mit ihren komischen Kapperln und gestreiften Bändern und man kann ihre Wappen auf ihren Vereinshäusern (Buden) sehen. Wenn man an der Uni Wien studiert, hat man eventuell jeden Mittwoch die Ehre ihnen auf der Uni-Rampe über den Weg zu laufen, doch wer weiß schon was sie wirklich sind, diese Burschis? Umso wichtiger ist diese Frage wenn man bedenkt wie viel Einfluss sie eigentlich in Politik und Wirtschaft haben.

Burschenschaften sind rechte bis rechtsextreme traditionelle Studierendenverbindungen. Im Unterschied zu anderen traditionellen Studierendenverbindungen stützen sich die Burschis auf völkisches, deutschnationales Gedankengut. Dementsprechend reaktionär ist auch ihre Weltanschauung, welche konservativ, rassistisch, antisemitisch, sexistisch, bis hin zu faschistisch ist. Es sind Männerbünde, das bedeutet, dass keine Frauen für Burschenschaften zugelassen sind, und sie pflegen die Ausübung der Mensur, ein Fechtduell mit dem Ziel sich gegenseitig Narben im Gesicht zuzufügen.

Alle Burschenschaften berufen sich auf die sogenannte Urburschenschaft welche 1815 in Jena gegründet worden ist. Diese Urburschenschaft war damals keineswegs einheitlich, was sie jedoch zusammenfasste waren die Forderungen nach einer konstitutionellen Monarchie, einer deutschen Nation, und nach bürgerlich-demokratischen Rechten. Diese urburschenschaftlichen Grundsätze werden heute oftmals von rechter Seite verwendet um einen Mythos um die fortschrittliche Rolle von Burschenschaften zu bilden. Im besonderen wird die Rolle der Burschenschaften in der Revolution von 1848 überbetont oder gar behauptet, sie wären die Ausschlag gebenden Kräfte dafür gewesen. Zur damaligen Zeit waren diese drei Forderungen natürlich fortschrittlich, die Wahrheit über Burschenschaften ist jedoch, dass eine völkische und antisemitische Auffassung schon von Anfang an verbreitet war, und die demokratischen Ansprüche schon bald in den Hintergrund rückten, besonders in den 1880er Jahren nahm der Antisemitismus bei den Korporierten stark zu und erlebte im 20. Jahrhundert bis in Dritte Reich hinein einen regelrechten Hype. Unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers im Jahre 1933 hieß es in der Zeitschrift „Burschenschaftliche Blätter“: „Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und wofür wir im Geiste der Burschenschaft von 1817 jahraus, jahrein an uns gearbeitet haben, ist Tatsache geworden.“

Heute versuchen Burschenschaften natürlich ihre Geschichte, ihre rechtsextreme Ideologie, und ihre Verbindungen zum Neonazismus zu leugnen, zu verharmlosen, oder zu tarnen. So können sie weiterhin gut als rechtsextreme Gruppierungen an Universitäten existieren, Seilschaften knüpfen, und ihren Einfluss in der Politik ausüben. Burschenschaften pflegen nämlich ein enges Verhältnis zur FPÖ und in den letzten Jahren haben sie ihren Einfluss in der Partei weiter ausdehnen können. So ist so ziemlich jedes höhere Tier der Freiheitlichen – von Strache, über Junior und Senior Gudenus, Kickl, bis zu Martin Graf – Mitglied bei einer Burschenschaft. Das spiegelt sich auch im Nationalrat wieder, wo 14 von 34 FPÖ-Abgeordneten Burschis sind, auch sieht man es gut im neuen FPÖ Parteiprogramm, wo neuerdings wieder eine deutsche Volks-, Sprach-, und Kulturgemeinschaft beschworen wird. Burschenschaften haben dadurch auch die Funktion einer Verbindung zwischen der etablierten rechtspopulistischen FPÖ und der Neonazi Szene.

WKR Ball: Ein harmloses Tanzevent?

Nun gut, klingt alles nicht so nett, aber warum sollte man jetzt gegen einen Ball demonstrieren? Und was ist überhaupt der WKR? Der WKR ist der Wiener Korporationsring, das ist ein Dachverband von verschiedenen deutschnationalen Verbindungen, darunter 10 Burschenschaften. Unter diesen findet sich auch die als rechtsextrem bekannte Burschenschaft Olympia, bei welcher auch Martin Graf Mitglied ist. Diese wurde 1961 wegen Bombenanschlägen in Südtirol, bei welchen auch der NPD-Gründer Norbert Burger dabei war, verboten. Die Olympia fiel auch dadurch unangenehm auf, dass sie den Neonazi-Kader Gottfried Küssel verteidigte als dieser wegen Wiederbetätigung verhaftet wurde, oder des öfteren Neonazi-Liedermacher zu sich einlud.

Jedes Jahr veranstaltet der WKR einen Ball, seit 26 Jahren in der Hofburg. Doch hier wird nicht einfach nur abgetanzt, der WKR-Ball dient auch zur Vernetzung der verschiedensten europäischen Rechten und Rechtsextremen. Neben den verschiedensten FPÖ Spitzen wie Strache, Barbara Rosenkranz, oder Martin Graf kamen beispielsweise 2008 auch verschiedene Persönlichkeiten aus dem europäischen Rechtsextremismus wie Jean-Marie Le Pen (Front National) oder Frank Vanhecke (Vlaams Belang), oder ehemalige NSDAP Mitglieder und Holocaustleugner wie Gerd Honsik.

Der WKR Ball dient also nicht einfach als geselliges Event von Konservativen bis hin zu Nazis, sonder im speziellen auch zur Vernetzung europäischer Rechter Kräfte.

Protest zahlt sich aus!

Der Ball in der Hofburg beweist, dass Burschenschaften, Rechtsextremismus und Neonazismus immer noch toleriert werden, und das im speziellen von unseren PolitikerInnen, die diese Veranstaltung unterbinden sollten, in der Hofburg erst recht. Doch wie so oft kann man sich nicht auf den bürgerlichen Staat verlassen, der nur zusieht während die Rechten die Hofburg nutzen um sich immer weiter salonfähig präsentieren.

Linke Kräfte können hierbei nicht einfach daneben stehen und zusehen, es gilt den Burschis und ihren braunen Freunden die Möglichkeit zu nehmen ihre reaktionären Ideologien in der Gesellschaft zu verbreiten, sich zu verstricken, und statt dessen eine fortschrittliche Kritik in den Vordergrund zu rücken. Dazu benötigt es Protest. Dass dieser auch erfolgreich sein kann zeigt die Ankündigung der „Wiener Kongresszentrum Hofburg Betriebsgesellschaft m.b.H.“, welche die Räumlichkeiten der Hofburg vergibt, den Ball ab 2013 nicht mehr in der Hofburg zuzulassen. Das ist ein klarer Erfolg der Proteste in den letzten Jahren, welche eine starke Resonanz in der Gesellschaft hervorrufen konnte, und die Betriebsgesellschaft unter Druck setzte. Für uns ist klar, wenn der WKR Ball nicht in der Hofburg statt findet, findet er woanders statt. Der Protest wird weiter gehen, nicht nur 2012 sondern auch ab 2013!