Fridays for Future und Extinction Rebellion

Die internationale Klimabewegung hat, ohne Frage, momentan Fridays for Future und Extinction Rebellion an vorderster Front bzw. als Aushängeschild. Nicht zufällig; schließlich sind das die Gruppen, die sich indirekt selbst auch eher als die Bewegung verstehen und nicht nur als einzelne Organisationen. Beide haben recht lose Selbstverständnisse und Forderungen, dafür aber ziemlich weitreichend gedachte Aktionsformen. Fridays for Future hat den Schulstreik und ähnliche Proteste für sich eingenommen und Extinction Rebellion arbeitet mit zivilem Ungehorsam, wie Blockaden und Ähnlichem. Wir versuchen trotz den losen Forderungen, herauszuarbeiten, was die inhaltlichen Eckpfeiler der Organisationen sind.

»Wir fordern eine radikale Umweltschutzpolitik in Übereinstimmung mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens und globale Klimagerechtigkeit!« Das ist die wohl zentralste und inhaltlich unumstrittenste Forderung der FFF-Bewegung. Frei nach der Einschätzung von Greta Thunberg geht es der Bewegung nicht darum, konkrete Forderungen und Vorschläge für die Rettung des Klimas auszuformulieren, sondern stattdessen, die Entscheidungsträger*innen, auf Basis von Expert*innen-Meinungen, zur Handlung zu zwingen. Das größte Problem dieses Zugangs ist natürlich, dass die Entscheidungsträger*innen nicht nur ihren Wähler*innen verpflichtet sind, sondern viel mehr dem Kapital. Das bis jetzt Profit über dem Klima stand, ist kein Zufall. Wenn es weiterhin in der Verantwortung bürgerlicher Politiker*innen bleibt, dann werden die präsentierten Wege aus der Klimakrise heraus, immer nur Scheinlösungen bleiben, die die wirtschaftlichen Interessen von Staaten und Konzernen nicht gefährden.

Ähnlich wie in anderen Ländern gibt es aber auch für punktuelle Aktionen auch noch weitere (mehr oder weniger) konkrete Ideen. Zeitgleich wird versucht österreichweite Forderungen zu erarbeiten, die sich aber noch in einem Anfangsstadium befinden.

Zentral ist für FFF die Ausrufung eines Klimanotstandes. Dies ist zwar eine juristisch etwas schwache Kategorie, steht aber für eine damit verbundene Prioritätensetzung. Für sie hängt an der Ausrufung des Klimanotstandes auch eine Transparenz der Regierung in Fragen der Klimapolitik gegenüber der Bevölkerung und eine Orientierung an den Berichten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und des Austrian Panel on Climate Change (APCC). Wie das konkret aussehen soll und wer die Entscheidungsträger*innen kontrolliert etc. bleibt aber unkonkret.

Problematischer ist die Forderung einer ökosozialen Steuerreform, die als Mittelpunkt eine Form der Emissionssteuer hat. Zusätzlich soll aber auch Kapital stärker besteuert und progressive, höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen eingeführt werden. Der Gewinn aus dieser Steuerstrukturierung soll dann für Klimapolitik und soziale Leistungen verwendet werden. Die Frage einer Emissionssteuer ist eine Ablenkung, es gibt kaum empirisch nachgewiesene Erfolge dieser Strategie, bzw. ist der positive Einfluss zu gering, als, dass er rechtzeitig die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels ermöglicht. Es ist betonenswert positiv, dass FFF sich auf die sozialen Aspekte einer solchen Steuerreform konzentriert, allerdings stößt sie schnell an ihre Grenzen, wenn man bedenkt, dass hier immer nur im Mittelpunkt steht, wie innerhalb des Marktes Mechanismen für eine grüne Zukunft geschaffen werden können. Der Markt ist adaptiv, wenn es darum geht Maßnahmen umzusetzen, die wenig Relevanz für Profite haben oder sie sogar erhöhen. Der Umstieg auf erneuerbare Energie und klimaschonendes Verhalten erfüllt beides nicht. Die Debatte rund um diesen Umstieg ist zwar jetzt präsenter denn je, aber gestritten und Druck für die Umsetzung ausgeübt wird bereits seit vielen, vielen Jahren – Wenn sie es solange geschafft haben, sich gegen diese Umstellung zu wehren, dann schaffen sie es ohne radikalem Widerstand auch noch länger.

Bis 2030 soll außerdem der komplette Ausstieg aus dem fossilen Energie-Sektor geschafft und die Emissionen bei null angelangt sein. Der Weg dorthin wird größtenteils den Entscheidungsträger*innen überlassen.

Wie wir sehen, ist das größte Problem an FFF die Umsetzung ihrer Forderungen. Den Aspekt des Druck Ausübens und die theoretische Einsicht zur Vernetzung der Bewegung (wohlgemerkt nicht der Kämpfe – FFF ist weit davon entfernt sich mit anderen Aspekten des Klassenkampfes zu solidarisieren, geschweige denn, sich als linke Bewegung zu begreifen), bietet viel Potenzial. Die meisten ihrer Forderungen sind erstrebenswert.

Extinction Rebellion hat einen etwas kürzeren Forderungskatalog als FFF, in ihren Prinzipien und Werten geht es mehr um die Aktionsformen (gewaltfreier, ziviler Ungehorsam) und die Organisationsstrukturen (dezentrale Organisierung, Machtstrukturen in Frage stellen etc.).

Aber ist ziviler Ungehorsam tatsächlich so eine radikale Taktik, wie viele Medien uns glauben machen wollen? Ziviler Ungehorsam, speziell der komplett gewaltfreie, dient der Aufmerksamkeitserregung und versucht auf Missstände mit gezieltem, und zum Teil angekündigten Regelbruch aufmerksam zu machen. Die Aufmerksamkeit, die erregt wurde, soll dann anregen die Missstände, gegen die protestiert wurde, zu ändern – die Aktionen selbst können und sollen das nicht alleine erreichen. Der Ball liegt also bei dieser Form der Aktion im Feld der bürgerlichen Regierungen und Unternehmen. Es wird an eine Vernunft und Einsicht bei Leuten appelliert, die Jahrhunderte lang bewiesen haben, dass sie ohne eine kollektive Planung und ausschließlich mit reiner Profitgier agieren. Es wird also an etwas appelliert, dass es nicht wirklich gibt. Radikal sein heißt vielmehr: Streiken, Organisieren, enteignen und alternative Formen der Planung und Kontrolle aufbauen. Aber zu zwei dieser Punkte hat Extinction Rebellion auch tatsächlich zusätzliche Pläne.

Ihre 3 Hauptforderungen sind: 1. Die Wahrheit offenlegen, 2. Klima & Ökologische Mobilisierung und 3. Schaffung einer Bürger*innenversammlung. Nummer 1 und 2 sind schnell erklärt. Eine transparente Aufarbeitung der Medien und Gesetzgeber*innen zu umweltschädlichen Geschehnissen und die Rücknahme aller Gesetze, die als klimafeindlich eingestuft werden. Die Mobilisierung passiert ohnehin gerade, soll aber auch einen rechtlichen Ausdruck bekommen. Die 3. Forderung klingt allerdings etwas ungewöhnlich. Die Schaffung einer Bürger*innenversammlung steht bei wenigen kleinbürgerlichen Bewegungen auf der Tagesordnung. Extinction Rebellion stellt sich dieses Gremium als ein Kontroll- und Steuerungsorgan vor, das die Umsetzung von klimarettenden Maßnahmen überwacht und den Übergang hin zu einer „zweckmäßigen Demokratie“ vorbereitet. Die Forderung klingt ähnlich, wie das, was wir uns unter einer Rätedemokratie vorstellen. Bei genauerem Hinsehen vertritt sie allerdings ein ziemlich anderes Konzept. Die Bürger*innenversammlung wird, wie bei einer Jury, ausgelost und ist recht einfach mit der bürgerlichen Demokratie zu vereinbaren. Es gibt auch bereits viele Beispiele wo solche Versammlungen genutzt wurden um Fehler der Parlamente und Entscheidungsträger*innen auszugleichen. Unsere Vorstellungen von Räten sind nicht ergänzende Beiträge zur bürgerlichen Demokratie, sondern Institutionen, die sie auch ersetzen sollen. Sie sind verwachsen mit uns und unserem täglichen Leben. Jede Person beteiligt sich an der Mitgestaltung und Kontrolle. Allerdings ist der Vorschlag ein guter Ansatz um auf dieses tatsächliche Rätekonzept aufmerksam zu machen. Leuten, die diese Forderungen aufstellen, ist klarer, dass die bürgerliche Politik alleine uns nicht mehr retten wird.

Aber Bewegungen sind mehr als nur eine Aneinanderreihung von Forderungen und eine Aktionsform. Die Frage stellt sich, wohin führen die Forderungen in letzter Instanz und wie weit ist die Bewegung bereit zu gehen um diese durchzusetzen. FFF selbst schreibt sogar bei ihren Nationalen Forderungen „Falls diesen Forderungen im aktuellen System nicht nachgekommen werden kann, braucht es einen Systemwandel!“, wirkt also bereit, auch mit dem kapitalistischen System zu brechen (auch wenn unklar ist was sie stattdessen wollen). Widersprüchlich ist aber, dass sie trotzdem an die Entscheidungsträger*innen desselben Systems appellieren, die unseren Planeten erst in diese Situation gebracht haben. Wie die Bewegung häufig und zu Recht betont: Uns läuft die Zeit davon. Wenn wir erst mit der Regierung und dem kapitalistischen System brechen, wenn sie uns und unseren Planeten verraten haben, dann ist es zu spät.

Wir fordern deshalb innerhalb der Bewegung:

  • Die Gründung von linken Schulkomitees, die sich an der Schule für Klimagerechtigkeit und die Proteste einsetzen.
  • Es geht um Klasseninteressen, nicht um Unwissenheit! Kein Vertrauen in die Regierung zur Umsetzung der Forderungen – stattdessen Selbstorganisation und Enteignung.
  • Wir kämpfen für eine linke, antikapitalistische Ausrichtung! Es ist klar, dass es von rechts keine Antworten geben wird.
  • Verbindung der Kämpfe der Arbeiter*innen und der Schüler*innen. Klimagerechtigkeit geht uns alle was an. Gewerkschaften müssen für die Klimastreiks gewonnen werden!

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